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RE: Das Hildebrandlied
in Nationalepen 14.06.2007 13:29von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
Das Hildebrand - Lied
in hochdeutsch
Ich hörte das sagen, daß sich Herausforderer einzeln trafen,
Hildebrand und Hadubrand, zwischen Heeren zweien.
Sohn und Vater ihre Rüstungen richteten. Sie bereiteten ihre
Brünnen, gürteten sich ihre Schwerter an, die Helden,
über die Panzer, da sie zu dem Kampfe ritten. Hildebrand
sprach, Heribrands Sohn - er war der ältere
Mann, des Lebens erfahrener; zu fragen begann er mit wenigen
Worten, wer sein Vater gewesen sei der Menschen im Volke, "oder
welcher Sippe du seist. Wenn du mir einen sagst, weiß ich
mir die anderen, Jüngling, im Königreiche: Kund ist
mir alles Menschenvolk." Hadubrand sprach, Hilde-
brands Sohn: "Das sagten mir unsere Leute, alte und
weise, die früher waren, daß Hildebrand habe geheißen
mein Vater; ich heiße Hadubrand. Einst er nach Osten
ging, floh er vor Odoakers Haß, hin mit Dietrich
und seiner Degen viel. Er ließ im Lande das Kleine,
sitzen die junge Frau im Hause, das unerwachsene Kind, erbelos.
Er ritt nach Osten hin. Seither bedurfte Dietrich
meines Vaters: Das war ein so freund-
loser Mann. Er war (auf) Odoaker unmäßig ergrimmt, der De-
gen liebster, solange Dietrich seiner bedurfte.
Er war immer an des Volkes Spitze, ihm war Fechten immer zu lieb:
Bekannt war er kühnen Männern. Nicht wähne ich,
er sei noch am Leben." "Ich mache Gott zum Zeugen", sprach
Hildebrand, "oben vom Himmel, daß du nie fortan mehr mit so
verwandtem Mann Verhandlung führst." Er wand da vom Arme gewun-
dene Ringe, aus Kaisergold gemacht, die ihm der König gab,
der Hunnen Herr: "Daß ich dir es nun aus Huld gebe." Hadubrand
sprach, Hildebrands Sohn: "Mit dem Speer soll man eine Gabe emp-
fangen, Spitze gegen Spitze. Du bist dir, alter Hunne, unmäßig schlau,
lockst mich mit deinen Worten, willst mich mit deinem Speer wer-
fen. Bist ein so alter Mann, so führtest du ewig Trug.
Das sagten mir Seefahrende westwärts über die Wendelsee, daß
ihn ein Kampf hinwegnahm: Tot ist Hildebrand, Heribrands Sohn."
Hildebrand sprach, Heribrands Sohn: "Wohl sehe ich
in deiner Rüstung, daß du hast daheim einen guten Herrn,
daß du noch bei dieser Herrschaft nicht Verbannter wurdest. Wohl-
an nun, waltender Gott", sprach Hildebrand, "Unheil geschieht!
Ich wallte Sommer und Winter sechzig außer Landes, wo
man mich immer stellte in die Reihe der Schießenden, ohne daß man
mir bei irgendeiner Stadt Tod zufügte; nun soll mich eigenes
Kind mit dem Schwert hauen, niederstrecken mit seiner Klinge, oder
ich ihm zum Mörder werden. Doch magst du nun leicht,
wenn dir deine Kraft taugt, an so hehrem Manne die Rüstung ge-
winnen, die Beute rauben, wenn du dazu irgendein Recht
hast." "Der sei doch nun der ärgste", sprach Hildebrand, "der Ostleute,
der dir nun den Kampf verweigerte, nun dich es so sehr gelüstet nach
gemeinsamem Ringen: Versuche, der kann, ob er sich heute der
Gewänder rühmen dürfe oder über diese beiden Brünnen wal-
ten." Da ließen sie erst die "Eschen schreiten" in scharfen Schauern,
daß sie in den Schilden standen. Da stapften sie zusammen,
spalteten die Schilde, hieben harmvoll die hellen Schilde,
bis ihnen ihre Schilde klein wurden, zerkämpft mit Waffen...
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Das Hildebrandlied
in Nationalepen 14.06.2007 13:31von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
in althochdeutsch
Ik gihorta ðat seggen ðat sih urhettun ænon muo
tin · hiltibraht enti haðubrant · untar heriun tuem,
sunufatarungo · iro saro rihtun garutun sê iro
guðhamun · gurtun sih · iro · suert ana · helidos
ubar hringa do sie to dero hiltiu ritun · hiltibraht
gimahalta heribrantes sunu · her uuas heroro
man ferahes frotoro · her fragen gistuont fohem
uuortum · wer sin fater wari fireo in folche eddo
welihhes cnuosles du sis · ibu du mi enan sages · ik
mi de odre uuet chind in chunnincriche · chud ist
min al irmindeot · hadubraht gimahalta hilti
brantes sunu dat sagetun mi usere liuti alte anti
frote dea érhina warun · dat hiltibrant hætti
min fater · ih heittu hadubrant · forn her ostar
gihueit floh her otachres nid hina miti theotrihhe ·
enti sinero degano filu · her furlaet in lante luttila
sitten prut in bure barn unwahsan arbeo laosa ·
heraet ostar hina det sid detrihhe darba gi
stuontum fatereres mines · dat uuas so friunt
laos man her was otachre ummet tirri dega
no dechisto unti deotrichhe · darba gistontun
her was eo folches at ente imo wuas eo peheta ti leop ·
chud was her chonnem mannum ni waniu ih
iu lib habbe wettu irmingot quad
hiltibraht obana ab heuane dat du neo dana halt mit sus
sippan man dinc ni gileitos · want her do ar arme wuntane
bouga cheisuringu gitan · so imo se der chuning gap
huneo truhtin · dat ih dir it nu bi huldi gibu · hadubraht
gimalta hiltibrantes sunu · mit geru scal man geba infa
han ort widar orte · du bist dir alter hun ummet spaher
spenis mih mit dinem wuortun wili mih dinu speru wer
pan · pist also gialtet man so du ewin inwit fortos ·
dat sagetun mi seolidante westar ubar wentilseo dat
man wic furnam · tot ist hiltibrant heribrantes suno ·
hiltibraht gimahalta heribrantes suno · wela gisihu ih
in dinem hrustim dat du habes heme herron goten
dat du noh bi desemo riche reccheo ni wurti · wela
ga nu waltant got quad hiltibrant wewurt skihit ·
ih wallota sumaro enti wintro sehstic ur lante · dar
man mih eo scerita in folc sceotantero so man mir at
burc enigeru · banun ni gifasta · nu scal mih suasat
chind · suertu hauwan breton mit sinu billiu eddo
ih imo ti banin werdan · doh maht du nu aodlihho
ibu dir din ellen taoc · in sus heremo man hrusti gi
winnan rauba bihrahanen · ibu du dar enic reht ha
bes · der si doh nu argosto quad hiltibrant ostarliuto
der dir nu wiges warne nu dih es so wel lustit · gudea
gimeinun niuse de motti · werdar sih dero hiutu hregilo
hrumen muotti · erdo desero brunnono bedero uual
tan · do lettun se ærist asckim scritan scarpen scurim
dat in dem sciltim stont · do stoptun tosamane staim
bort chludun · hewun harmlicco huitte scilti ·
unti im iro lintun luttilo wurtun · giwigan miti wabnum
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Das Hildebrandlied
in Nationalepen 14.06.2007 13:36von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Hildebrandslied ist eines der frühesten poetischen Textzeugnisse in deutscher Sprache. Das unvollständig erhaltene heldenepische Stabreimgedicht (Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem) besteht aus 68 Langversen. Es erzählt in althochdeutscher Sprache eine Episode aus dem Sagenkreis um Dietrich von Bern.
Handschriftenbeschreibung
Der einzige erhaltene Textzeuge des Hildebrandsliedes wird in der Murhardschen Bibliothek in Kassel unter der Signatur 2° Ms. theol. 54 aufbewahrt.
Der Text des Hildebrandsliedes befindet sich auf den Seiten 1r und 76v einer frühmittelalterlichen Pergament-Handschrift, also auf der Vorderseite des Blattes 1 und der Rückseite des Blattes 76. Bei diesen Seiten handelt es sich um die ursprünglich leer gebliebenen Außenseiten des Kodex.
Der Hauptteil des Kodex wurde wahrscheinlich um 830 im Kloster Fulda geschrieben und enthält die biblischen Texte Sapientia Salomonis und Jesus Sirach in lateinischer Sprache. Das althochdeutsche Hildebrandslied ist offensichtlich ein nachträglicher Eintrag etwa des 4. Jahrzehnts des 9. Jahrhunderts. Die Aufzeichnung bricht ab, weil der Platz auf dem letzten Blatt nicht ausreichte. Oft dachte man in der Forschung an eine Schreibübung, weil die Zeilen auch sehr unterschiedlich ausgeschrieben sind. Der Anlass für die Niederschrift könnte in folgender Tatsache liegen: Das Kloster Fulda erhielt in den 40er Jahren des 9. Jahrhunderts Reliquien des heiligen Quirinus, die aus Ungarn nach Fulda kamen und geographisch wie auch lebenszeitlich an die Zeit der Völkerwanderung erinnerten und so vielleicht bei den Schreibern - es handelt sich wohl um zwei - diesen Text wachriefen. Allerdings wurde das Lied nicht aus dem Gedächtnis aufgezeichnet, sondern von einer älteren schriftlichen Vorlage - von der nichts erhalten ist - abgeschrieben.
Das Lied wurde von unbekannten Fuldaer Mönchen in althochdeutscher Sprache, jedoch in einer eigentümlichen altsächsisch-bairischen Mischsprache und mit angelsächsischen Schreibbesonderheiten (w-Rune), aufgezeichnet. Die eigentümliche Mischung aus ober- und niederdeutschem Dialekt versucht man damit zu erklären, dass der hochdeutsche Schreiber jener Vorlage das niederdeutsche Lied nur ungeschickt wiedergeben konnte.
Eine erste wissenschaftliche Edition des Hildebrandliedes veröffentlichten die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm im Jahre 1812.
Die Handschrift befand sich als Kriegsbeute nach 1945 zeitweilig in den USA, wo unkundige Antiquare eines der beiden Blätter abtrennten und die Handschrift für 1000 US-Dollar verkauft wurde. Es konnte erst 1972 wieder mit dem Codex vereinigt werden.
Inhalt
Das Hildebrandslied ist das einzige so früh aus dem süddeutschen Sprachraum überlieferte Heldenlied. Geschildert wird eine Episode aus dem Sagenkreis um Dietrich von Bern. Hildebrand hat Frau und Kind verlassen und ist als Waffenmeister mit Dietrich gezogen. Nun kehrt er nach 30 Jahren heim. An der Grenze stellt sich ihm ein junger Krieger mit seinem Gefolge entgegen. Hildebrand fragt, wer sin fater wari (wer sein Vater wäre). So erfährt er, dass dieser Mann, Hadubrand, sein Sohn ist. Hadubrand weist seine goldenen Armringe zurück und meint, er sei ein listiger alter Hunne, denn Seefahrer hätten ihm berichtet, dass sein Vater tot sei (tot is hiltibrant). Um seiner Ehre willen muss der Vater die Herausforderung annehmen - beide stehen zwischen ihren Heeren! - und klagt so über sein furchtbares Schicksal.
Es handelt sich also um eine Zweikampfsituation zwischen Hildebrand und seinem Sohn Hadubrand. Da der Schluss des Textes verloren ist, kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden, ob das Ende tragisch gestaltet war. Man kann aber davon ausgehen. Sicher scheint auch, dass der Vater seinen Sohn erschlagen hat - Zeugnis davon gibt „Hildebrands Sterbelied“ in der nordischen Überlieferung der Edda. Auch im deutschen Jüngeren Hildebrandslied siegt der Vater, aber die beiden erkennen einander rechtzeitig. Insgesamt ist die Tragik sicher auch die größere, wenn der Vater seinen Sohn erschlagen hat - er löscht damit seine Familie aus. Eine spätere Variante (in Deutschland erst in Handschriften zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert erhalten) bietet allerdings eine versöhnliche Variante an: Mitten im Kampf wenden sich die Streitenden voneinander ab, der Sohn erkennt den Vater, und sie schließen sich in die Arme. Diese Version endet mit einem Kuss des Vaters auf die Stirn des Sohnes und den Worten: „Gott sei Dank, wir sind beide gesund.“ Schon im 13. Jahrhundert ist aber diese versöhnliche Variante aus Deutschland nach Skandinavien gedrungen und dort in der Thidreks saga (älteste erhaltene Handschrift schon um 1280), einer Übersetzung deutscher Sagen aus dem Kreis um Dietrich von Bern, überliefert: nachdem sich Vater und Sohn erkannt haben, gehen sie mit Freuden zur Mutter.
Zeitlich dürfte die Handlung im 5. Jahrhundert einzuordnen sein, als Odoaker gegen den Ostgotenkönig Theoderich den Großen kämpfte. In der germanischen Sage wurde Theoderich dann Dietrich von Bern genannt. Odoaker war Germane (Skire oder Rugier) und hatte im Jahre 476 den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt; daraufhin riefen ihn seine Truppen zum König Italiens (rex Italiae) aus.
Aufgrund der inhaltlichen Ähnlichkeit wird diese Tragödie oft mit dem Schāhnāme, dem iranischen Nationalepos, verglichen. Dieses Epos erreicht seinen Höhepunkt im Kampf zwischen Vater Rostam und Sohn Sohrab. Nachdem Rostam seinem Sohn bei seiner Geburt einen Armreif hinterlässt, um ihn daran erkennen zu können, bekommt er erst nach dem Mord an seinem Sohn dessen Armreif zu sehen. Entweder liegt dem Stoff eine indogermanische Ursage zugrunde, oder es kann eine direkte Beeinflussung angenommen werden.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Das Hildebrandlied
in Nationalepen 14.06.2007 20:13von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
. Jüngeres Hildebrandslied
hier gefunden
Derselbe Stoff wie das ‘Ältere Hildebrantslied’ begegnet hier in spätmittelalterlicher Form als Ballade. Sie ist seit der 2. Hälfte des 15. Jhs. weit verbreitet. Die Strophenform ist der sogenannte ‘Hildebrandston’, der in einer Art Rezitativgesang vorgetragen werden konnte.
Text aus: Das deutsche Volkslied, hg.v. John Meier I: Balladen, 1935; eine Übertragung findet sich bei Michael Curschmann und Ingeborg Glier, Deutsche Dichtung des Mittelalters I: Von den Anfängen bis zum hohen Mittelalter, Ffm 1987.
1.
»Ich wil zu Land ausreiten«, sprach sich Meister Hiltebrant,
»Der mir die Weg tet weisen gen Bern[3] wol in die Land,
Die seind mir unkund gewesen vil manchen lieben Tag:
In zwei und dreißig jaren Fraw Utten ich nie gesach.«
2.
»Wilt du zu Land ausreiten«, sprach sich Herzog Abelung,
»Was begegent dir auf der Heiden? Ein schneller Degen jung.
Was begegent dir auf der Marke? Der jung Herr Alebrant;
Ja, rittest du selbzwölfte, von im wurdest angerant.«
3.
»Ja, rennet er mich ane in seinem Ubermut,
Ich zerhaw im seinen grünen Schild, es tut im nimmer gut,
Ich zerhaw im sein Brinne mit einem Schirmenschlag,
Und daß er seiner Mutter ein ganz jar zu klagen hat.«
4.
»Das solt du nicht entun«, sprach sich [von Bern] Herr Dieterich,
»Wann der jung Herr Alebrant der ist mir von Herzen lieb;
Du solt im freundlich zusprechen wol durch den Willen mein,
Daß er dich wöl lassen reiten, als lieb als ich im mag sein.«
5.
Do er zum Rosengarten[4] ausreit wol in des Berners Marke,
Do kam er in große Arbeit von einem Helden starke,
Von einem Helden junge da ward er angerant:
»Nun sag an, du vil Alter, was suchst in meines Vatters Land?
6.
»Du fürst dein Harnisch lauter und rain, recht wie du seist eins Königs Kind,
Du wilt mich jungen Helden mit gesehenden augen machen blind;
Du soltest da heimen bleiben und haben gut Hausgemach
Ob einer heißen Glute.« Der Alte lachet und sprach:
7.
»Sölt ich da heimen bleiben und haben gut Hausgemach?
Mir ist bei allen meinen Tagen zu raisen aufgesetzt,
Zu raisen und zu fechten bis auf mein Hinefart,
Das sag ich dir vil jungen, darumb grawet mir mein bart.«
8.
»Dein Bart will ich dir ausraufen, das sag ich dir vil alten Man,
Daß dir dein rosenfarbes plut uber dein wangen muß abgan;
Ein Harnisch und dein grünen Schild must du mir hie aufgeben,
Darzü must mein gefangner sein, wilt du behalten dein leben.«
9.
»Mein Harnisch und mein grüner Schild, die teten mich dick ernern,
Ich traw Christ vom Himel wol, ich wil mich dein erweren.«
Sie ließen von den Worten, sie zugen zwei scharpfe Schwert,
Und was die zwen Helden begerten, des wurden die zwen gewert.
10.
Ich weiß nit, wie der junge dem Alten gab einen Schlag,
Daß sich der alte Hiltebrant von Herzen sere erschrack.
Er sprang hinter sich zu rucke wol siben Klafter weit:
»Nun sag an, du vil junger, den Streich lernet dich ein Weib!«
11.
»Sölt ich von Weibern lernen, das wer mir immer ein Schand,
Ich hab vil Ritter und Knechte in meines Vatters Land,
Ich hab vil Ritter und Grafen an meines Vatters Hof,
Und was ich nit gelernet hab, das lerne ich aber noch.«
12.
Er erwüscht in bei der Mitte, da er an dem schwechsten was,
Er schwang in hinder sich zu rucke wol in das grüne Gras:
»Nun sag mir, du vil junger, dein Beichtvater wil ich wesen:
Bist du ein junger Wölfinger[5], von mir magst du genesen.
13.
Wer sich an alte Kessel reibt, der empfahet gern Rame,
Also geschieht dir, vil jungen, wol von mir alten Manne;
Dein Beicht solt du hie aufgeben auf diser Heiden grün,
Das sag ich dir vil eben, du junger helde kün.«
14.
»Du sagst mir vil von Wölfen, die laufen in dem Holz:
Ich bin ein edler Degen aus Krichenlanden stolz,
Mein Mutter die heißt Fraw Utte, ein gewaltige Herzogin,
So ist der Hiltebrant der alte der liebste Vater mein.«
15.
»Heißt dein Muter Fraw Utte, ein gewaltige Herzogin,
So bin ich Hiltebrant der alte, der liebste Vatter dein.«
Er schloß ihm auf sein gulden Helm und kust in an seinen Mund:
»Nun müß es Gott gelobet sein, wir seind noch beid gesund.«
16.
»Ach Vater, liebster Vater, die Wunden, die ich dir hab geschlagen,
Die wolt ich dreimal lieber in meinem Haubte tragen.«
»Nun schweig, du lieber Sune: der Wunden wirt gut Rat,
Seid daß uns got all beide zusammen gefüget hat.«
17.
Das weret von der None biß zu der Vesperzeit,
Biß daß der jung Her Alebrant gen Bern einhin reit.
Was fürt er an seinem Helme? Von Gold ein Krenzelein.
Was fürt er an der Seiten? Den liebsten Vater sein.
18.
Er fürt in mit im in seinen Sal und satzt in oben an den Tisch,
Er pot im Essen und Trinken, das daucht sein Mutter unbillich.
»Ach Sune, lieber Sune, ist der Eren nicht zu vil,
Daß du mir ein gefangen Man setzst oben an den Tisch?«
19.
»Nun schweige, liebe Mutter, ich will dir newe Meer sagen:
Er kam mir auf der Heide und het mich nahent erschlagen;
Und höre, liebe Mutter, kein Gefangner sol er sein:
Es ist Hiltebrant der alte, der liebste Vater mein.
20.
»Ach Mutter, liebe Mutter mein, nun beut im Zucht und Er!«
Do hub sie auf und schenket ein und trug ims selber her;
Was het er in seinem Munde? Von Gold ein Fingerlein,
Das ließ er inn Becher sinken der liebsten Frawen sein.
[1] Diese Exilvorstellung deutet eine historische Situation um, in der die Ostgoten unter Theoderich (=Dietrich; 455–525) den germanischen Volkskönig Odoakar angriffen und schließlich verräterisch töteten (490/493), der Ialien, d.h. die Überreste des weströmischen Reichs, beherrschte.
[2] Ähnlich unhistorisch wie Dietrich erscheinen die Hunnen im Hintergrund, deren große Zeit in der europäischen Geschichte von der Mitte des 4. bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts reichte.
[3] Stammsitz Dietrichs in der deutschen Epik, die mittelhochdeutsche Form für Verona.
[4] Der sagenhafte Rosengarten König Laurins (® eigenes Gedicht in der Dietrichsepik ‘Der Rosengarten’).
[5] Wölfing/Wülfig: Sippenname Hildebrands
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Das Hildebrandlied
in Nationalepen 23.07.2009 19:58von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
Ich mag das Lied von Transit, jedoch empfinde ich das Hildebandslied weniger als ein Sinnbild der Tragik der Zeit, in der Sitte und Brauchtum diesen Kampf zwingend forderte, eine Frage der Ehre, für mich ist es eine Versinnbildlichung des Generationskonfliktes.
Interessant dabei der Wandel im Ausgang zwischen dem älteren und dem jüngerem Hildebrandslied.Ist im ÄH noch die Aussage, dass die Lebens- und Kampferfahrung des Älteren siegreich ist, sind sie im JH schon gleichwertige Gegner.
Würde in heutiger Zeit eine Neufassung des Hildebrandslied - sozusagen, das nagelneue Hildebandslied - geschrieben werden,und die gesellschaftliche Sicht auf Alter und Jugend enthalten, müsste wohl der alte Kämpe Hildebrand sein Leben lassen, da wegen der vielen Kampfverletzungen nicht mehr so wendig wie der Sohn und mit älteren Waffen ausgestattet.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
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