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Der arme Heinrich-Themenlieferant für Märchen
RE: Der arme Heinrich-Themenlieferant für Märchen
in der reale Hintergrund eines Märchens 12.06.2007 16:23von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
lt. wikipedia:
Der arme Heinrich ist eine mittelhochdeutsche Verserzählung von Hartmann von Aue. Sie entstand wahrscheinlich in den 1190er Jahren und gilt als vorletztes der vier epischen Werke Hartmanns.
Die kurze Versnovelle über einen hochadligen Ritter, der durch Gott mit Aussatz gezeichnet wird und nur durch das Herzblut einer sich freiwillig opfernden Jungfrau geheilt werden kann, verbindet höfische und geistliche Erzählmuster. Um 1200 gibt es kaum verwandte Erzählungen.
Inhalt
Nach einem kurzen Prolog, in dem der Erzähler sich selbstbewusst nennt und aus dem wir die meisten Informationen über Hartmann von Aue haben, beginnt die Geschichte: Heinrich, ein junger, fürstengleicher Freiherr von Ouwe im Schwabenland, verfügt über materiellen Reichtum und höchstes gesellschaftliches Ansehen. Er verkörpert alle ritterlichen Tugenden (êre, stæte, triuwe, milte) und höfisches Benehmen (zuht), wozu auch Fertigkeiten im Minnesang gehörten (und sanc vil wol von minnen, v. 71).
Aus diesem idealen Leben stürzt Heinrich, als Gott ihn mit Aussatz zeichnet und seine Umwelt sich in Ekel und Furcht von ihm abwendet. Im Gegensatz zum biblischen Hiob will Heinrich sich damit nicht abfinden und sucht Ärzte in Montpellier auf, von denen ihm aber keiner helfen kann. An der berühmten Schule von Salerno erfährt er von einem Arzt, dass es zwar ein Heilmittel gibt, das für Heinrich aber nicht zur Verfügung stehe: Nur das Herzblut einer Jungfrau im heiratsfähigen Alter, die sich freiwillig für ihn opfere, könne Heinrich heilen. Verzweifelt und ohne Hoffnung auf Genesung kehrt er zurück, verschenkt den Großteil seines Gutes und zieht sich auf einen Meierhof zurück, der zu seinem Besitz gehört.
Dort wird die Tochter des Bauern zur zweiten Hauptfigur. Das Kind (nach Handschrift A ist sie acht, nach Handschrift B zwölf Jahre alt) hat keine Scheu vor Heinrich und seiner Krankheit und wird dessen anhängliche Begleiterin. Bald nennt Heinrich sie spielerisch seine Braut (gemahel). Als er nach drei Jahren erzählt, was für ihn das einzige Heilmittel sei, ist sie fest entschlossen, für ihn ihr Leben zu lassen. Sie will sich für Heinrich opfern, da sie glaubt, nur auf diesem Wege dem sündhaften Leben zu entkommen und möglichst bald im Jenseits das ewige Leben bei Gott führen zu können. Sie überzeugt ihre Eltern und Heinrich durch eine Rede, deren rhetorischer Schliff der Inspiration des Heiligen Geistes zugeschrieben wird, ihr Opfer als gottgewollt anzunehmen.
Heinrich und das Mädchen reisen nach Salerno. Als der Arzt, der dem Mädchen die Operation zuvor vergeblich auszureden versucht hat, dessen Herz herausschneiden will und Heinrich das nackt und festgebunden auf dem Operationstisch liegende Mädchen durch einen Spalt in der Tür sieht, schreitet er in letzter Sekunde ein. Im Vergleich ihrer Schönheit mit seinem entstellten Körper kommt ihm die Ungeheuerlichkeit des Unternehmens zum Bewusstsein. Durch diese plötzliche innere Umkehr (er gewinnt niuwen muot, v. 1235) akzeptiert er den Aussatz als Willen Gottes. Daraufhin verliert das Mädchen die Fassung; sie sieht sich um das ewige Leben gebracht, macht Heinrich schwere Vorwürfe, dass er sie nicht sterben lassen wolle, und schmäht ihn als Angsthasen.
Auf dem Rückweg gesundet Heinrich wundersam durch Gottes Fügung und kehrt gemeinsam mit dem Mädchen nach Hause zurück, wo beide trotz des Standesunterschieds heiraten. Heinrich kehrt in seine frühere gesellschaftliche Stellung zurück und der Meier wird zum Freibauern. Heinrich und das Mädchen gewinnen beide die ewige Seligkeit.
literaturgeschichtliche Einordnung
Die Entstehungszeit des Armen Heinrich lässt sich nur sehr grob eingrenzen: Chrétiens de Troyes Érec et Énide, die französische Vorlage für Hartmanns ersten Roman Erec, war wahrscheinlich um 1165 bekannt. Man geht davon aus, dass Hartmann um 1180 als Autor in Erscheinung tritt. Spätestens 1205/10 waren alle Versromane Hartmanns bekannt, denn Wolfram von Eschenbach nimmt im Parzival auf den Iwein Bezug, Hartmanns letzten Roman. In diesem zeitlichen Rahmen ist der Arme Heinrich als (vermutlich) vorletztes Werk einzuordnen.
Innerhalb der Werkchronologie Hartmanns gilt der Arme Heinrich aus stilistischen Gründen als drittes seiner vier großen erzählerischen Werke. Am Beginn seines epischen Schaffens steht der Artusroman Erec, gefolgt von der legendenhaften Erzählung Gregorius. Als letztes Werk gilt Hartmanns zweiter Artusroman Iwein, der möglicherweise aber schon kurz nach dem Erec begonnen und erst später vollendet wurde. Nicht einzuordnen sind Hartmanns Minne- und Kreuzlieder, die kurze Versdichtung Das Klagebüchlein wird allgemein vor den vier Romanen Hartmanns angesetzt.
Stoff und Quelle
Hartmann spricht im Prolog von Erzählungen, die er in Büchern gefunden habe und nun neu erzählen wolle. Solche Quellen haben sich indes weder in der deutschen, noch der französischen oder lateinischen Literatur des Mittelalters gefunden, so dass man davon ausgehen muss, dass diese Quellenberufung fiktiv ist und die Dignität der Erzählung unterstreichen soll. Die im 14. und 15. Jahrhundert überlieferten lateinischen Erzählungen Henricus pauper und Albertus pauper sind wahrscheinlich keine Quellen Hartmanns, sondern gehen auf dessen Erzählung zurück.
Eine Motivtradition wird im Text direkt angesprochen: In der Bibel ist es Hiob, der von Gott mit Aussatz geprüft wird. Zu den Erzählungen von der übernatürlichen Heilung eines am Aussatz Erkrankten zählen auch die Silvesterlegende, in der Konstantin der Große geheilt wird, und die Erzählungen von Amicus und Amelius oder Konrads von Würzburg Engelhard.
Deutungsansätze
Die schlechte Überlieferungslage hat zu manchen Unklarheiten geführt, die vor allem das namenlose Bauernmädchen betreffen. Handschrift A gibt ihr Alter mit acht Jahren an, als Heinrich an den Meierhof kommt, in Handschrift B sind es dagegen zwölf Jahre (v. 303). Unklar ist auch, ob das Mädchen, das sich opfern muss, erbære und manbære (Handschrift A, v. 225 und 447) oder vrîebære und verbære (Handschrift B) sein muss. Das Fragment E fordert eine maget, die volle manbere sei („eine mannbare, d. h. heiratsfähige Jungfrau“, v. 225).
Auf zentrale Fragen, die die Erzählung offenlässt, hat die Forschung keine eindeutigen Antworten gefunden. Dies betrifft insbesondere den Grund, weshalb Gott Heinrich mit dem Aussatz zeichnet: Einerseits kann hierin eine Strafe für Heinrichs weltbezogenes Leben gesehen werden – so versteht Heinrich die Krankheit selber und auch ein Absalom-Gleichnis zu Beginn der Erzählung spricht für diese Lesart. Andererseits kann der Aussatz als Prüfung Gottes interpretiert werden – dafür spricht der Vergleich mit Hiob, der vom Erzähler gezogen wird. Anders als dieser nimmt Heinrich die Prüfung jedoch zunächst nicht an, sondern sucht Heilung und verzweifelt anschließend.
Ein anderes Problem stellt die Rolle des Mädchens dar. Dass sie namenlos bleibt, rückt sie in eine untergeordnete Position, die dem Handlungsverlauf nicht entspricht. Der rhetorisch und theologisch geschulte zentrale Monolog, mit dem sie Heinrich und die Eltern überredet, ihr Opfer anzunehmen, wird der Eingebung des Heiligen Geistes zugeschrieben. Unklar bleibt ihre Motivation, also ob sie aus reiner Nächstenliebe handelt oder aus einem „Heilsegoismus“, durch den sie ihr eigenes Seelenheil erkaufen möchte, wie es mehrfach anklingt.
Das Mädchen tritt am Ende des Romans in eine Nebenrolle zurück, aber nicht, ohne durch die Heirat ständisch erhöht zu werden (mit den Worten Heinrichs: nû ist sî vrî als ich dâ bin, v. 1497). Die ständische Stellung der Protagonisten gibt überhaupt Rätsel auf. Das Leben des hochadligen Heinrich bei dem unfreien Bauern, der am Ende Freibauer wird, kann als gesellschaftliche Utopie gelesen werden; ebenso utopisch, nämlich in der Realität unmöglich, ist die Standeserhöhung eines Bauernmädchens zur legitimen Gattin eines Freiherrn. Es liegt nahe, die freie oder unfreie Geburt der Protagonisten, deren Thematisierung Hartmann offenkundig ein Anliegen ist, auch geistlich-allegorisch zu verstehen.
Auffallend ist die Namensähnlichkeit des fürstengleichen Freiherrn Heinrich von Aue mit Hartmann von Aue. Man hat darin eine verklärende Familiengeschichte gesehen, die den unfreien Ministerialenstand Hartmanns erklärt, da Heinrichs Heirat mit dem Bauernmädchen den Verlust des Adelsstandes für die Familie zur Folge gehabt hätte – allerdings schweigt Hartmann zu dieser Konsequenz. Als zweite Möglichkeit kommt in Frage, die Geschichte Heinrichs auf einen möglichen Gönner Hartmanns zu beziehen, doch wegen der Standesminderung ist dies weniger plausibel.
Das Gattungsproblem
Ein großes Problem der Forschung ist die Gattungszugehörigkeit des Armen Heinrich. Die relativ kurze Erzählung mit 1520 Versen steht einerseits der geistlichen Literatur nahe, der Legende, dem Exempel oder dem Mirakel, andererseits hat sie unverkennbar Elemente des höfischen Romans. Die religiösen Dimensionen dominieren die Erzählung deutlich, doch auch wenn Heinrich bekehrt und wunderbar geheilt wird, so wird er doch nicht zum Heiligen. Auffällig sind die Analogien zur Form des Erlösungsmärchens, dem allerdings sonst die hier dominierende religiöse Thematik fehlt.
Da Charakteristika beider Texttypen im Armen Heinrich erkennbar sind, muss man ihm eine Sonderform als höfische Mirakelerzählung einräumen. Um das Problem der Gattungszuweisung zu umgehen, behilft man sich mit neutralen Benennungen, wie Kleinepik oder kurze Reimpaardichtung.
Häufig wird dem Armen Heinrich ein novellistischer Charakter zugesprochen und er als Versnovelle bezeichnet, obwohl der Begriff der Novelle üblicherweise erst für kürzere Erzählungen ab dem Spätmittelalter oder der Renaissance verwendet wird. Überhaupt steht der Arme Heinrich vor 1200 fast ganz singulär da, nur der anonyme Moriz von Craûn gehört noch diesem Literaturtypus der Kleinepik an. Erst der Meier Helmbrecht Wernhers des Gartenære aus der Mitte des 13. Jahrhunderts ist dem Armen Heinrich deutlich verwandt.
Stil und Sprache
Hartmann von Aue schrieb, wie die anderen Klassiker der Stauferzeit, in der sogenannten und bis dato heftig umstrittenen „Mittelhochdeutschen Dichtersprache“, der ersten hochsprachlichen Bildung unserer Sprachgeschichte. Erst das Hochmittelalter kennt eine beabsichtigte schriftsprachliche Einheitsform des Deutschen, die sich über die Mundarten erhebt: das höfische Deutsch, das sogenannte „klassische“ Mittelhochdeutsch. Diese „höfische Dichtersprache“ war beschränkt auf die Dichtung (und damit „Sondersprache“) der höfischen Gesellschaft: sie war weiterhin kaum gesprochen (wenn sie auch die Basis abgab für die gehobenen Umgangssprache des Rittertums), also nicht Gemein-, sondern nur Schriftsprache. Der rationale Charakter der Ethik Hartmanns reflektiert sich in Stil und Aufbau aller seiner Werke. Wortwörtlich stimmt das uns bekannt Werk wohl nicht mit dem von Hartmann überein, wurde das Werk doch unzählige Male abgeschrieben und dadurch verändet.
Überlieferung
Die Überlieferung des Armen Heinrich ging auf anderen Bahnen vonstatten als die der umfangreicheren höfischen Romane, die gewöhnlich als Einzelabschriften ein Buch füllten. Die kurze Erzählung wurde dagegen immer im Rahmen von thematisch weitgespannten Textsammlungen tradiert. Alle drei vollständigen Abschriften des Armen Heinrich fanden sich in Kleinepik-Sammelhandschriften, die neben dem Armen Heinrich kürzere Reimpaarwerke enthalten (Mären, Bîspeln, Reimpaarreden und Spruchdichtung). Diese Textsorten waren Bearbeitungen gegenüber relativ offen, so dass auch der Arme Heinrich von Handschriften-Kompilatoren deutlich gekürzt und bearbeitet worden ist. Daraus erklären sich die konkurrierenden Versionen, auf die einige Probleme der Interpretation zurückgehen und die es schwierig machen, einen autornahen Text zu erstellen.
Neben den drei vollständigen Handschriften (Siglen: A, Ba, Bb) existieren Fragmente weiterer drei Exemplare des Texts. Alle Abschriften sind in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datieren und im oberdeutschen Sprachraum anzusiedeln. Die Handschrift A aus dem Straßburger Johanniterkloster verbrannte 1870 beim Beschuss Straßburgs durch deutsche Truppen im Deutsch-Französischen Krieg, so dass man heute auf frühere Abdrucke zurückgreifen muss. Wie der Vergleich mit den Fragmenten beweist, kürzte auch diese Handschrift den ursprünglichen Text Hartmanns, bot aber dennoch den besten Überlieferungsträger. Auch die beiden anderen Handschriften (Ba und Bb) haben den ursprünglichen Text redaktionell bearbeitet. Beide Handschriften überliefern die gleiche Fassung, denn Bb wurde von Ba abgeschrieben.
Erst 1964/65 wurde das Fragment E gefunden und 1969 veröffentlicht. Die elf kleinen Pergamentstreifen waren im Kloster Benediktbeuern zur Abdichtung der Orgelpfeifen verwendet worden. Als Federprobe wurden sechs Verse in eine Handschrift des 13. Jahrhunderts mit Kommentaren zu Ovid und Cicero eingetragen (Handschrift F).
Außerdem wurde der Arme Heinrich ins Lateinische übersetzt und in zwei lateinische Exempelsammlungen des 14. Jahrhunderts aufgenommen.
Editionsgeschichte
Die ersten Editionen des Armen Heinrich waren diplomatische Abdrucke nach Handschrift A. Zum ersten Mal brachte ihn 1784 Christoph Heinrich Myller heraus. Goethe las eine Übersetzung Johann Gustav Gottlieb Büschings (Zürich 1810) mit „physisch-ästhetischem Schmerz“, da er das Thema des Aussatzes persönlich abstoßend fand, erkannte aber dennoch den Wert der Erzählung an. 1815 folgte eine kommentierte Ausgabe der Brüder Grimm mit einer Nacherzählung, die dem Text erstmals zu einer größeren Verbreitung verhalf. Der Stoff wurde von ihnen als alte deutsche „Volkssage“ angesehen. In der Folge entstanden zahlreiche Nachdichtungen und Neuausgaben in Stil der Volksbücher. Karl Lachmann legte 1820 eine weitere Edition des Straßburger Codex vor.
Die lange Zeit maßgebliche kritische Edition stammt von Moriz Haupt aus dem Jahr 1842, der als erster alle Lesarten in einem Apparat verzeichnete. Auf diese Edition stützte sich 1882 auch Hermann Pauls Ausgabe in der Altdeutschen Textbibliothek, die später von Albert Leitzmann, Ludwig Wolff, Gesa Bonath und zuletzt von Kurt Gärtner bearbeitet worden ist.
Einen Abdruck der beiden wichtigsten Handschriften mit einem kritischen Text im Parallelabdruck bot 1913 Erich Gierach. Eine weitere synoptische Edition der Handschriften A und B, mit den Fragmenten und einem daraus rekonstruierten Text legte 1974 Heinz Mettke vor.
Weitere Ausgaben legten Wilhelm Wackernagel (1911), Friedrich Maurer (1958), Friedrich Neumann (1961 mit der Nacherzählung der Brüder Grimm) und Helmut de Boor (1963) vor. Die letzte Edition brachte Volker Mertens 2004 in der Bibliothek deutscher Klassiker heraus. Einfache schwarz-weiß-Faksimiles der gesamten Überlieferung erschienen 1971 und 1973 in der Reihe Litterae.
Während der Arme Heinrich nur in wenigen mittelalterlichen Handschriften überliefert ist, so wurde er in moderner Zeit häufiger rezipiert als irgendein anderes Werk Hartmanns. Besonders Künstler der Romantik und des Fin de siècle waren von der Kombination der Motive Heiligkeit, Landidyll, Aussatz und Erotik fasziniert. Eine dramatische Darstellung des nackten Mädchens, das auf dem Operationstisch festgebunden ist, den Arzt mit seinem Messer daneben und Heinrich, der als Voyeur durch den Türspalt blickt, fehlte in keiner Illustration außer der zu den jugendfreien Bearbeitungen Gustav Schwabs.
Bekannt wurde der Arme Heinrich vor allem durch die Nachdichtung der Brüder Grimm, die unter anderem eine lange Ballade von Adelbert von Chamisso (1839) oder ein episches Drama des Amerikaners Henry Wadsworth Longfellow (The Golden Legend, 1851) anregte. Ins Englische übertragen wurde der Arme Heinrich von dem Präraffaeliten Dante Gabriel Rossetti. Auch Ludwig Uhland, Gustav Schwab, Karl Simrock, Conrad Ferdinand Meyer, Rudolf Borchardt, Will Vesper und viele andere nahmen den Armen Heinrich produktiv auf, wobei alle literarischen Gattungen vertreten sind. Die bedeutendsten Bearbeitungen entstanden durch Ricarda Huch (1899) und Gerhart Hauptmann, dessen Drama „Der arme Heinrich“ 1902 uraufgeführt wurde.
Auch die erste Oper Hans Pfitzners ist eine Vertonung des Armen Heinrich nach einem Libretto von James Grun (1895). Unter den bildnerischen Darstellungen ragen ein Zyklus des Nazareners Joseph von Führich und Illustrationen von Ludwig Richter heraus.
Seit den 1920er Jahren verlor sich das Interesse an dem Stoff, der nun weit weniger rezipiert wurde als germanische Heldendichtungen. Dies änderte sich auch nicht in der Nachkriegszeit oder durch die Achtundsechziger, für die die gesellschaftliche Relevanz des Armen Heinrich zu gering war. Erst seit den 1990er Jahren rückte die Erzählung wieder stärker in den Blickpunkt. Zuletzt griffen Markus Werner (Bis bald, 1995), der Dramatiker Tankred Dorst (1997), der Lyriker Rainer Malkowski (1997) und August Kötzke mit einer „Kammeroper“ den Armen Heinrich auf.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Der arme Heinrich-Themenlieferant für Märchen
in der reale Hintergrund eines Märchens 12.06.2007 16:27von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
Gustav Schwab
Der arme Heinrich
In Schwaben war ein Herr ansässig, dem keine Tugend fehlte, die ein junger Ritter, der nach vollem Lobe strebet, haben soll, so dass im ganzen Lande von niemand so viel Gutes gesagt ward. Er war reich und von edler Geburt; sein Name war wohlbekannt, er hiess Heinrich, und sein Geschlecht war von Aue genannt.
Wie nun dieser Mann, gepriesen und geehrt, sich Reichtums und fröhlichen Sinnes erfreute, da ward auf einmal sein hoher Mut in ein gar armes Leben herabgebeugt; denn wer in der höchsten Weltseligkeit lebt, der ist vor Gott gering. Darum fiel auch Herr Heinrich mit Gottes Willen aus seinem besten Glücke in ein gar schmähliches Leid und ihn ergriff der Aussatz. Als nun diese Heimsuchung an seinem Leibe sichtbar ward, da wendeten sich Mann und Weib von ihm ab, und, wie angenehm er der Welt zuvor war, so unerträglich ward er ihr jetzt, so dass ihn, wie den geschlagenen Hiob, niemand mehr ansehen wollte. Als der arme Heinrich sah, dass er, gleich allen Aussätzigen, der Welt widerwärtig war, da unterschied ihn jedoch sein bitterer Schmerz von Hiobs Geduld. Er trauerte, dass er so viel Glück hinter sich lassen musste, ja oft verwünschte und verfluchte er den Tag, an welchem er zur Welt geboren war.
Doch empfand er wieder ein wenig Freude, als ihm zum Troste gesagt wurde, dass diese Krankheit gar verschieden sei, und zuweilen heilbar. Da dachte er hin und her, wie er wohl genesen könnte, zog gen Montpellier und fragte die Ärzte um Rat; aber es wurde ihm geantwortet, er sei nicht zu heilen und werde nimmer vom Aussatze rein. Traurig hörte er dies an, und zog weiter gen Salerno in Italien, die weisen Ärzte auch dort zu befragen. Nun sagte ihm der beste Meister, der dort war, eine wunderbare Sache, nämlich dass er zwar heilbar wäre, aber doch nimmermehr werde geheilt werden. "Wie mag das zugehen," sprach Heinrich, "du redest gar unverständlich! Bin ich heilbar, so werde ich auch geheilt; denn was an Geld oder Zurüstung verlangt wird, das getraue ich mir beizuschaffen!" - "Lasset das Dingen," antwortete der Meister. "Eure Krankheit ist nun einmal der Art! Was frommt's, dass ich's Euch sage! Es gibt wohl eine Arznei dafür, die Euch heilt, aber kein Mensch ist so mächtig oder klug, dass er sie gewinnen könnte; darum werdet Ihr nimmer geheilt, Gott wolle denn Euer Arzt sein." - Da sprach der arme Heinrich: "Was nehmet Ihr mir meinen Trost hinweg? Ich habe doch so grosses Gut; ich kann Euch mir gewiss geneigt machen, dass Ihr mir gerne helfet!" - "Mir fehlet nicht der Wille," antwortete der Meister. "Wär es eine Arznei, die man feil fände oder sonst auf irgendeine Art erlangen könnte, so liesse ich Euch gewiss nicht verderben! Aber es ist leider nicht so, und wäre Eure Not noch grösser, so müsste Euch doch meine Hilfe versagt bleiben! Höret an: Ihr müsst eine reine Jungfrau haben, die aus freiem Willen den Tod für Euch leidet. Nun ist's aber nicht der Menschen Art, dass jemand so etwas freiwillig tut. Und doch, wie ich Euch gesagt habe, dies allein ist die rechte Arznei für Eure Krankheit!"
Nun erkannte der arme Heinrich wohl, wie es unmöglich sei, dass jemand gern für ihn stürbe, und aller Trost, auf den er ausgezogen, war ihm hinweggenommen. Fernerhin hatte er keinen Gedanken mehr an seine Genesung, und war des Lebens überdrüssig. Er zog heim und fing an, sein Erbe, wie es ihm am besten schien, auszuteilen. Im stillen machte er seine armen Verwandten reich, und linderte auch das Elend Fremder; das übrige gab er Gotteshäusern, damit sich der Herr seiner Seele erbarme. Von aller seiner Habe behielt er nur ein neu angebautes Land, wohin er vor den Menschen floh. Aber nicht er selbst nur klagte über dieses traurige Verhängnis, sondern er wurde auch von allen, die ihn selbst oder nach anderer Sage kannten, bejammert. Jenes Neuland aber baute ein freier Meier, der hier in Ruhe und Frieden lebte, während andere Bauern, unter böser Herrschaft, nicht einmal mit Steuer und Gabe grosses Ungemach meiden konnten. Was dieser Meier tat, das war dem armen Heinrich recht, der ihn auch von aller fremden Last befreit hatte, so dass keiner im ganzen Lande so wohlhabend war.
Zu diesem Manne zog der arme Heinrich; der vergalt ihm alle seine Milde, und nichts verdross ihn, was er um des Kranken willen leiden musste; er war so treu gesinnt, dass er Sorgen und Mühe willig ertrug und seinem Herrn alles gemächlich einrichtete. Gott hatte dem Meier ein glückliches Leben beschieden, denn er hatte einen gesunden, frischen Leib, eine fleissige sittsame Frau, dazu schöne Kinder, recht, wie sie des Mannes Freude sind. Darunter war ein Mägdlein von zwölf Jahren, von gar freundlichen Sitten. Sie war so lieblich, dass sie nach ihrer schönen Gestalt dem Alleredelsten im Reiche als Kind wohl angestanden hätte. Die andern Hausgenossen waren solchen Sinnes, dass sie den Kranken wohl zu Zeiten, wie es sich schickte, mieden; sie aber eilte in jeder Stunde zu ihm, und wollte nirgends anderswohin; mit reiner Kindesgüte hatte sie ihm ihr Herz so ganz zugewendet, dass man das süsse Mädchen allezeit zu seinen Füssen sitzend fand, dagegen liebte auch er sie wiederum vor allen, und was ihr Freude machte, was Kindern bei ihren Spielen gefällt und ihr Herz so leicht gewinnt, das schenkte er ihr oft; bald einen kleinen Spiegel, bald ein Haarband, oder was sonst zu kaufen war. Durch solche Freundlichkeit machte er sie so zutraulich und heimlich, dass er sie seine Frau zu nennen pflegte.
So diente sie ihm drei Jahre, welche der arme Heinrich bei dem Meier zubrachte. Nun trug es sich zu, dass dieser mit seinem Weib und seiner Tochter, von der Arbeit ruhend, bei ihm sass und sie sein Leid beklagten. Denn es tat ihnen weh; auch mussten sie fürchten, dass sie sein Tod schwer treffen und ein neuer hartgesinnter Herr sie um ihr Glück bringen würde. So sassen sie in Sorgen beisammen, bis endlich der Meier anfing: "Lieber Herr, wenn es mit Euren Hulden sein kann, so fragte ich gerne: da zu Salerno so viele Meister in der Heilkunst sind, wie kommt es, dass keiner so weise ist, und für Eure Krankheit einen Rat findet? Herr, das wundert mich!" Da holte der arme Heinrich mit bitterlichem Schmerz einen Seufzer aus dem Herzensgrund und antwortete so traurig, dass das Seufzen ihm die Worte im Munde zerbrach: "Ich habe diese schimpfliche und verspottete Krankheit wohl verdient, du hast ja gesehen, dass mein Tor weltlicher Lust weit offen stand. Da achtete ich wenig darauf, dass Gott mir dieses Wunschleben nur nach seiner Gnade verliehen; ich dachte in meinem Sinne, wie alle Weltkinder, dass ich solche Ehre und Freude auch ohne Gott haben könnte. Nun hat Gott eine Krankheit auf mich gelegt, von der mich niemand befreien kann. Die Guten fliehen mich, die Bösen verschmähen mich; ja keiner ist so schlecht, der mir nicht seine Verachtung zeigt und die Augen von mir abwendet. Nun leuchtet deine Treue erst recht an mir, dass du mich Siechen bei dir duldest und nicht fliehest. Und dennoch, so wenig du mich scheuest - so wie die Sachen mit mir stehen, ertrügest du doch wohl leicht meinen Tod! Nun sage, wessen Unwert, wessen Not war je grösser in der Welt? Vorher war ich dein Herr, nun bin ich dein bedürftig, lieber Freund; und so, dein Weib und meine Frau hier, ihr drei verdient das ewige Leben, dass ihr mich Kranken also pfleget. - Was du mich aber gefragt hast, darauf will ich dir antworten: ich ging nach Salerno und konnte dort keinen Meister finden, der sich meiner Heilung unterwinden durfte oder wollte, denn ich sollte ein Mittel herbeischaffen, wie es niemand auf der Erde mit irgend etwas gewinnen kann. Mir ward nichts andres gesagt, als dass ich eine Jungfrau haben müsste, die entschlossen wäre, für mich den Tod zu leiden. Würde ihr ins Herz geschnitten und ihr Herzblut gewonnen, das allein könnte mir helfen. Aber das ist ganz unmöglich, dass für mich jemand gerne den Tod leide; darum muss ich diese schwere Schande bis an mein Ende tragen, das mir Gott bald gewähre!"
Was der arme Heinrich dem Vater sagte, das hörte die reine Jungfrau mit an. Sie achtete auf seine Worte und merkte sie wohl und sie blieben in ihrem Herzen bis zur Nacht eingeschlossen. Als sie sich aber nach ihrer Gewohnheit zu Füssen ihres Vaters und ihrer Mutter niedergelegt hatte und beide eingeschlafen waren, da holte sie über das Unglück ihres Herrn manchen tiefen Seufzer. Da erwachten die Eltern und fragten, was ihr wäre und welch Unglück sie so heimlich beklagte. Sie wollte es aber lange nicht sagen, bis endlich ihr Vater durch sanfte und strenge Worte es dahin brachte, dass sie sprach: "Ihr möget immerhin auch mit mir klagen; denn was kann uns leider sein als das Unglück unseres Herrn, den wir verlieren sollen. Nimmermehr bekommen wir einen so guten Herrn, der an uns tut, wie dieser!" Sie antworteten: "Du sprichst wahr. Doch frommt uns leider unsre herbe Trauer und Klage nicht haarbreit. Liebes Kind, wende deine Gedanken davon ab; es tut uns gewiss so weh wie dir, aber leider steht es nicht in unsrer Macht ihm zu helfen. Gott hat es getan; wär' es ein anderer, so müssten wir ihm fluchen." So geschweigten sie das Kind; aber sie schlief nicht und blieb traurig die ganze Nacht und den folgenden Tag; was man auch vorbrachte, es kam nicht aus ihrem Herzen. Als sie die andere Nacht wieder schlafen gingen, und sie selbst sich in ihre Bettstätte gelegt hatte, da beschloss sie festiglich bei sich, wenn sie den morgenden Tag erlebte, so wollte sie ihr Leben für ihren Herrn dahingeben. Über diesem Entschlusse ward sie froh und leichten Mutes; ihre einzige Sorge war, dass Herr Heinrich, wenn sie es ihm verkündigte, daran verzagen und dass alle drei es ihr nicht zugeben möchten. Darüber wurde ihre Unruhe so gross, dass Vater und Mutter wie in voriger Nacht davon erwachten. Sie richteten sich auf und sprachen: "Was nimmt dir die Ruhe? Du bist recht albern, dass du mit solcher Klage, die doch niemand enden kann, dir dein Herz schwer machst! Warum lässest du uns nicht schlafen?" So verwiesen sie ihr die unnütze Sorge und meinten sie beschwichtigt zu haben; aber ihr Entschluss war ihnen noch nicht kund. Da antwortete sie: "Und doch hat mein Herr gesagt, dass er wohl erhalten werden könnte. Bei Gott! Wenn ihr mir es nicht wehret, so bin ich zu seiner Arznei gut; denn ich bin fest entschlossen, ehe ich ihn verderben sehe, den Tod für ihn zu leiden."
Über diese Rede wurden Vater und Mutter sehr betrübt. Der Vater sprach: "Von solchen Dingen lass ab, und verheisse unserem Herrn nicht mehr, als du vollbringen kannst, denn dies geht über deine Kräfte. Du bist ein Kind, du hast den Tod noch nicht gesehen; kommt es dann dazu und du sollst sterben, so möchtest du gerne noch leben, und dann ist es zu spät; du hast noch nie in den finstern Abgrund geblickt. Darum schliesse deinen Mund, oder es soll dir übel gehen!" So meinte er sie mit Bitten und Drohungen zum Schweigen zu bringen, aber er vermochte es nicht. "Lieber Vater," sprach sie, "so unerfahren ich bin, so wohnt mir doch so viel Verstand bei, dass ich die Not des Todes aus der Sage kenne, und weiss, dass es etwas Herbes ist. Aber wer sein Leben mit mühsamer Arbeit hoch bringt, dem ist auch nicht allzu wohl; denn wenn er mit grosser Not seinen Leib bis ins Alter fristet, so muss er doch den Tod leiden, und vielleicht ist alsdann seine Seele dahin, und es wäre ihm besser, er wäre niemals zur Welt geboren. Mir aber ist's zuteil geworden, dass ich noch in jungen Jahren für das ewige Leben meinen Leib hingeben mag. Ihr sollt mir's nicht verleiden; ich tue uns allen damit wohl, denn so lange unser Herr lebt, steht auch eure Sache wohl. Gönnet mir's, denn es muss sein." Die Mutter, als sie ihres Kindes Ernst sah, sprach weinend: "Gedenke, liebste Tochter, wie gross die Beschwerden sind, die ich deinetwillen erlitten, und lass mich bessern Lohn empfangen, als von dem ich dich sprechen höre. Du willst mir das Herz brechen! Und willst du denn auch bei Gott dein Heil verwirken? Denkst du nicht an sein Wort, dass man Vater und Mutter ehren soll, und dass er uns zum Lohn dort der Seele Wohlfahrt und hier auf Erden ein langes Leben verheissen hat? Du solltest ein Stab unseres Alters sein, und willst schuld werden, dass wir weinend über deinem Grabe stehen?" Die Jungfrau antwortete: "Ich glaube wohl, Mutter, dass du und der Vater mir mit Liebe zugetan sind, und finde es auch täglich. Von eurer Liebe habe ich Seele und einen schönen Leib, um den mich jedermann preiset. Wem sollte ich also nächst Gott mehr Gnade verdanken als euch zweien? Aber eben weil ich Leib und Seele durch eure Liebe habe, so gönnet mir, dass ich beides vom Teufel erlöse und mich Gott ergebe. Ich fürchte, würde ich älter, dass die Süssigkeit der Welt mich unter ihre Füsse brächte, wie sie so manchen zur Hölle hinabgezogen hat. Und bedenket noch weiter: stirbt unser Herr, so kommet ihr in grosse Arbeit und Not; lebt er aber in seiner Krankheit noch so lange fort, bis man mich einem reichen und ehrenwerten Mann gebe, so denkt ihr freilich, mir sei Heil widerfahren, und es ist geschehen, was ihr nur immer hoffen könnet. Aber ganz anders sagt es mir mein Herz: wird mir mein Mann lieb, das ist eine Not, denn ich habe meinen leidenden Herrn vor Augen; wird er mir verhasst, so ist es gar der Tod. Setzet mich lieber in das volle Glück, das nimmer vergeht! Ihr habt noch mehr Kinder, die lasst eure weltliche Freude sein und tröstet euch über meinen Tod!"
Als die Eltern sahen, dass ihr Kind so fest zum Tode entschlossen war, so weise redete und menschlichen Rechtes Schranke zerbrach, da wagten sie nicht länger, sie von dem abzuwenden, was sie so fest ergriffen hatte und wozu ihr der Entschluss von Gott gekommen war. Doch als sie dann wieder nur der Liebe zu ihrem Kinde gedachten, sassen sie beide still in ihrem Bett, frierend vor Jammer, und keines sprach ein Wort, und die Mutter hatte zuerst ihre Rede vor Leid abgebrochen. Am Ende dachten sie doch, es wäre das beste, sie gönnten ihr's, weil sie doch ihr Kind nie herrlicher verlören. Da sprachen sie zu ihr, es möge geschehen, was sie erbeten hätte.
Nun freute sich das reine Mägdlein und kaum als der Tag angebrochen war, ging sie in das Schlafgemach ihres Herrn und rief ihn an: "Herr, schlafet Ihr?" - "Nein, liebe Frau, aber sage, warum bist du heute so früh auf?" - "Ach, Herr, dazu zwingt mich der Jammer über Eure Krankheit!" Er antwortete: "Liebe Frau, damit zeigst du ein gutes Gemüt gegen mich. Gott vergelte dir's! Aber Rat für dieses Übel gibt es nicht!" - "Ei gewiss, lieber Herr, es wird dafür guter Rat. Ihr habt ums doch gesagt, wenn Ihr eine Jungfrau hättet, die gerne für Euch den Tod leide, so könnet Ihr wohl durch sie geheilt werden. Nun, weiss Gott, die will ich selber sein, denn Euer Leben ist besser und edler als das meine." Da dankte ihr der Herr für ihren guten Willen, und seine Augen füllten sich mit heimlichen Tränen. "Liebe Frau," sprach er, "sterben ist nicht eine sanfte Not, wie du dir vielleicht gedacht. Ich bin überzeugt, dass du mir gerne hälfest. Ich erkenne deinen guten und reinen Willen; das genügt mir. Deine Treue wolle dir Gott vergelten; aber alle, die davon höreten, würden spotten, dass ich, nachdem meine Krankheit so weit gekommen und alle Mittel nicht halfen, noch zu einem neuen greife. Liebe Frau, du tust wie Kinder tun, die ein Gelüste haben, und hernach reut es sie wieder. Bedenke doch, Vater und Mutter können dich nicht entbehren; auch ich kann nicht dessen Unglück verlangen, der mir allezeit Liebe erzeigt hat; was die beiden dir raten werden, liebe Frau, das tue!" So redete er zu der Guten, lächelte und versah sich dessen wenig, was hernach geschah. Denn Vater und Mutter sprachen: "Herr, Ihr habt uns geliebt und geehrt, es wäre nicht recht von uns gehandelt, wenn wir es Euch nicht mit Gutem vergelten wollten. Unsere Tochter ist des Willens, den Tod für Euch zu leiden, und wir gönnen's ihr wohl. Heute ist der dritte Tag, dass sie uns um Gewährung ihrer Bitte anlag, und nun hat sie es von uns erhalten. Gott lasse Euch genesen, denn wir wollen sie für Euch hingeben."
Als dem armen Heinrich auf diese Weise die Jungfrau für seine Krankheit den Tod anbot und er ihren Ernst sah, da erhub sich grosses Leid unter den Vieren. Vater und Mutter konnten nicht anders, sie mussten um ihr Kind bitterlich weinen. Aber auch den Kranken ergriff ein Schmerz, dass er zu weinen anhub, und nicht wusste, was besser wäre, getan oder gelassen. Vor Furcht weinte auch das Mägdlein, denn es meinte, er verzage an ihrem Entschlusse. Zuletzt bedachte sich der arme Heinrich, dankte allen für ihre Treue und willigte ein. Da wurde das Mägdlein fröhlichen Mutes und nun bereitete sie sich aufs beste zur Fahrt nach Salerno. Was sie nur bedurfte, das ward ihr gegeben, schöne Pferde und reiche Kleidung, wie sie vorher nie getragen, von Hermelin, Samt und dem köstlichsten Zobel. Wer könnte das Herzeleid ihrer Eltern beschreiben? Gewiss wäre das Scheiden jämmerlich gewesen, als sie ihr liebes Kind so schön und frisch in den Tod fortschickten, wenn nicht Gottes Güte ihre Not gesänftigt hätte, desselben Gottes, von dem auch dem jungen Mägdlein der Mut erwuchs, dass es den Tod willig hinnahm.
So fuhr denn die Jungfrau mit ihrem Herrn fröhlich und zufrieden nach Salerno. Was konnte sie nun noch betrüben, als dass der Weg so weit war und sie nicht eher ihn erlöste. Sobald sie dort angelangt waren, ging Herr Heinrich zu seinem Meister und sagte ihm: "Hier bringe ich eine Jungfrau, wie du sie verlangt hast!" Mit diesen Worten zeigte er sie ihm. Dem Meister däuchte das unglaublich, und er sprach: "Kind, hast du solchen Entschluss selbst gefasst, oder haben Bitten und Drohungen deines Herrn bewirkt, dass du so sprichst?" - "Nein," antwortete sie, "dieser Entschluss ist aus meinem eigenen Herzen gekommen." Darüber verwunderte sich der Arzt, führte sie beiseite und beschwur sie, ihm zu sagen, ob etwa ihr Herr solche Worte von ihr mit Drohen erzwungen habe. "Kind," sprach er, "dir ist not, dass du dich besser berätst; ich will dir recht sagen, wie es ist: wenn du den Tod nicht ganz freiwillig leidest, und was du tust, nicht gerne tust, so ist dein junges Leben dahin und hilft uns nicht so viel als ein Brosamen. Auch will ich dir sagen, wie dir geschehen wird: ich schneide dir nach dem Herzen, und breche es noch lebend heraus. Mägdlein, nun sage mir, wie steht dir dein Mut? Es geschah nie einem Kinde so weh, wie dir geschehen wird; nur dass ich es tun und ansehen soll, macht mir schon grosse Angst. Und bedenke weiter, gereuet es dich eines Haares breit, so habe ich meine Mühe und du hast dein Leben verloren." So beschwor er sie noch einmal. Sie aber fühlte sich zu standhaft, als dass sie abgelassen hätte. Daher sprach sie mit Lachen: "Gott lohne Euch, lieber Herr, dass Ihr mir so die Wahrheit herausgesagt habt; ja, wahrhaftig, ich fange an, ein wenig zu verzagen, und es ist mir ein Zweifel aufgekommen, den ich Euch vorlegen will: ich fürchte nämlich, dass unser Vorhaben durch Eure Zaghaftigkeit unterwegs bleibt. Getrauet Ihr mich zu schneiden; ich getraue mir wohl, zu leiden! Die Angst und Not, von der Ihr mit da vorgesprochen habt, die habe ich schon vorher auch ohne Euch gewusst. Gewiss, ich wäre nicht hieher gekommen, wenn nicht mein Entschluss so fest und sicher gewesen wäre, dass ich wusste, ich würde nimmermehr schwanken. Lasst Eure Meisterschaft sehen, was zaudert Ihr länger? Versucht's und fürchtet Euch nicht, meinem Herrn seine Gesundheit wiederzugeben, mir aber das ewige Leben."
Als der Meister sie so gar unwandelbar fand, brachte er sie zu dem Siechen zurück und sprach zu ihm: "Uns irrt kein Zweifel mehr, ob Eure Jungfrau vollkommen tüchtig sei. Wohlan, freut Euch, ich mache Euch bald gesund!" Hierauf führte er das Mädchen in ein verborgenes Kämmerlein, und schloss den armen Heinrich zur Türe hinaus, damit er ihr Ende nicht mit ansehen sollte. In dieser Kammer, die mit mancherlei Arzneien verstellt war, hiess er das Mägdlein die Kleider ablegen. Als sie der alte Meister ansah, dachte er, dass in der ganzen Welt keine schönere Kreatur gefunden werden könnte, und es erbarmte ihn so sehr, dass ihm das Herz fast verzagte. Es stand da ein hoher Tisch; auf den hiess er sie steigen und sich niederlegen, und band sie fest. Dann nahm er ein Messer in die Hand, das für solche Dinge bereit lag und lang und breit war, das versuchte er, aber es schnitt nicht so gut, als ihm lieb gewesen wäre. Und da sie nun doch einmal nicht leben sollte, so erbarmte ihn ihre Not, und er wollte ihr den Tod sanft antun. Daher fasste er einen guten Wetzstein, der dabei lag, und fing an, das Messer langsam auf und ab zu streichen, zu schärfen und zu wetzen. Das hörte draussen der, für den sie sterben sollte, der arme Heinrich, und es jammerte ihn unsäglich, dass er sie nimmermehr lebendig mit den Augen erblicken sollte. Da suchte er, ob er nicht eine Öffnung in der Wand fände, und sah durch einen Ritz, wie sie gebunden dalag, und ihre Gestalt so gar schön und lieblich war. Er schaute sie an und wieder sich; da wandte sich sein Sinn; ihm däuchte nicht mehr gut, was er gedacht hatte, und der alte, finstere Entschluss machte milder Güte Platz. "Du Tor," sprach er zu sich selber, "begehrst du zu leben, ohne das Wohlgefallen dessen, gegen den niemand etwas vermag? Fürwahr, du weisst nicht, was du tust, wenn du dieses schmähliche Leben, das Gott über dich hat kommen lassen, nicht willig und demütig erträgst. Und weisst du denn, ob dich dieses Kindes Tod sicher heilt? Was dir Gott beschieden hat, das lass dir widerfahren! Nein, ich will dieses Kindes Tod nicht sehen!"
Da hielt er nicht länger zurück, klopfte an die Wand und rief: "Lasst mich hinein!" Der Meister antwortete: "Ich habe jetzt nicht Zeit, Euch einzulassen!" - "Nein, Meister, redet mit mir!" - "Herr, jetzt kann ich nicht, wartet bis ich fertig bin!" - "Nein, Meister, redet zuvor mit mir!" - "So sagt mir's durch die Türe! - "Es lässt sich so nicht sagen!" - Da liess ihn der Meister ein, und Heinrich ging zu dem Mägdlein, wo es gebunden lag und sprach: "Dies Kind ist so wonniglich, dass ich wahrhaftig seinen Tod nicht zu sehen vermag. Es geschehe Gottes Wille an mir! Wir wollen sie wieder aufstehen lassen. Wie ich mit Euch gedingt habe, Silber und Gold gebe ich Euch; aber die Jungfrau sollt Ihr leben lassen!" Da das Mägdlein nun erst recht sah, dass es nicht sterben und ihn nicht erlösen sollte, da war ihr das Herz schwer; sie raufte zornig ihre Haare und gebärdete sich zum Erbarmen. Bitterlich weinte sie und rief: "Wehe mir Armen, wehe! Wie soll es mir nun ergehen? Soll ich die reiche Himmelskrone, die mir um diese kurze Not geschenkt worden wäre, verlieren? Jetzt bin ich erst tot! Nun entbehrt mein Herr und entbehre ich die Ehre, die uns zugedacht war!" Umsonst bat sie um den Tod, der sie glücklich machen sollte. Dann wandte sie sich zu dem armen Heinrich, hub an, ihn zu schelten und sprach: "Ich muss leiden für meines Herrn Zaghaftigkeit; ich sehe wohl, die Menschen haben mich getäuscht; ich hörte sie allezeit sagen, Ihr hättet festen Mannesmut! Gott helfe mir, sie haben gelogen. Ihr getrauet Euch nicht einmal geschehen zu lassen, was ich doch mir zu leiden getraue!" So bat und schalt sie ihn; aber umsonst. Sie musste ihr Leben behalten. Der arme Heinrich nahm Vorwurf und Spott tugendlich hin, wie einem frommen Ritter geziemte. Als er die unglückliche Jungfrau wieder angekleidet und den Arzt bezahlt hatte, wie ausgemacht war, fuhr er zurück in die Heimat, obgleich er wusste, dass er dort in aller Mund nur Hohn und Schmähung finden würde. Aber alles dieses stellte er Gott anheim.
Das gute Mägdlein aber hatte sich so verweint und verklagt, dass sie dem Tode nahe war. Da erkannte ihre Not der, der die Nieren prüft, vor dem kein Herzenstor verschlossen ist. Er hatte beide nach seiner Liebe und Macht recht aus dem Grunde versuchen wollen, wie er es bei dem reichen Hiob getan. Da zeigte der Herr, wie lieb ihm Treue und Erbarmung ist; er schied beide von ihrem Elend und machte ihn zur Stunde rein und gesund. So schnell besserte es sich mit dem guten Heinrich, dass er noch unterwegs wieder rein und schön wurde, ja er genas so durch Gottes Pflege, dass er so jung ward wie vor zwanzig Jahren. Dieses Heil, das ihm widerfahren war, liess er allen ansagen, von denen er wusste, dass sie Liebe und Güte gegen ihn im Herzen trugen. Als nun seine besten Freunde von seiner Ankunft hörten, ritten und gingen sie ihm drei Tagreisen entgegen, ihn wohl zu empfangen. Sie wollten keiner Sage, nur ihren eigenen Augen glauben, bis sie selbst die Wunder an seinem Leibe gesehen hätten. Der Meier und sein Weib blieben auch nicht still zu Hause sitzen. Die Freude, die sie empfanden, ist unbeschreiblich; ihre Herzen waren so bewegt, dass den lachenden Mund der Augen Regen begoss; ihr Mund wollte nicht mehr los werden vom Mund ihrer Tochter. Auch wer die Schwaben je in ihrem Lande sah, der muss sagen, dass von ihnen nie grössere Liebe erzeigt wurde, als da sie Herrn Heinrich bei seiner Heimkehr empfingen. Dieser ward reicher, als er vorher war, an Gut und Ehren. Nun aber wendete er sich stets an Gott und hielt seine Gebote strenger als zuvor; und deswegen war seine Ehre unvergänglich. Dem Meier und seinem Weib, denen er so grossen Dank schuldig war, gab er das Neubruchland, wo er krank gelegen hatte, zum Eigentum.
Als nun seine Freunde in ihn drangen, sich zu verehelichen, da sprach er: "Ich bin entschlossen, und will nach meinen Verwandten senden, damit ich ihrem Rate folge." Als dies geschehen und alle beisammen waren, Männer und Frauen, so sagten alle aus einem Munde, es wäre recht und Zeit, dass er sich vermähle. Nun aber erhob sich ein grosser Streit im Rate seiner Verwandten, wen er sich wählen sollte. Der eine riet hin, der andere her, wie Leute pflegen, wenn sie Rat geben sollen. Als sie sich nun nicht vereinigen konnten, sprach der arme Heinrich: "Ihr Herren und Frauen, es ist euch allen wohl bekannt, dass ich vor kurzer Zeit in schmählicher Krankheit lag und allen Menschen widerwärtig war; jetzt scheut mich niemand mehr, und durch Gottes Gnade habe ich wieder einen gesunden Leib. Jetzt ratet mir alle, wie soll ich es dem vergelten, durch den ich wieder gesund worden bin?" Sie antworteten: "Fasset den Entschluss, dass Euer Leib und Gut ihm untertänig sei!" -
Das Mägdlein stand neben ihm, als sie dieses sagten. Da sah er sie liebreich an, umfing sie und sprach: "Ihr Herren und Frauen, ich sage euch allen, dass ich durch diese gute Jungfrau, die ihr hier bei mir stehen seht, mich meiner Gesundheit wieder erfreue. Nun ist sie ledig und frei, wie ich es bin, und mein Herz rät mir, dass ich sie zum Weibe nehme. Wenn dies Gott und euch gefällt, so soll es geschehen. Ist es aber nicht möglich, so will ich unverehelicht sterben; denn Ehre und Leben habe ich von ihr allein! Bei Gottes Hulden aber will ich euch insgesamt bitten, dass es euch wohl gefalle!" Da antworteten alle, die zugegen waren: "Ja, so ist es ziemlich und recht!" Und da auch geistliche Herren darunter waren, so stand es nicht weiter an, dass sie zusammen getraut wurden.
Nach süssem, langem Leben kamen sie zusammen ins ewige Reich der Liebe.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Der arme Heinrich-Themenlieferant für Märchen
in der reale Hintergrund eines Märchens 12.06.2007 16:32von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
Hartmann von Aue
Der arme Heinrich
Ein ritter so geleret was,
daz er an den buochen las,
swaz er dar an geschriben vant:
der was Hartman genant,
dienstman was er zouwe.
er nam im manige schouwe
an mislichen buochen:
dar an begunde er suochen,
ob er iht des vunde,
da mitte er swaere stunde
möhte senfter machen,
und von so gewanten sachen,
daz gotes eren töhte
und da mite er sich möhte
gelieben den liuten:
nu beginnet er iu diuten
ein rede, die er geschriben vant.
dar umbe hat er sich genant,
daz er siner arbeit,
die er dar an hat geleit,
iht ane lon belibe,
und swer nach sinem libe
si hoere sagen oder lese,
daz er im bittende wese
der sele heiles hin ze gote.
man giht, er si sin selbes bote
und erloese sich da mite,
swer vür des andern schulde bite.
Er las daz selbe maere,
wie ein herre waere
ze Swaben gesezzen:
an dem enwas vergezzen
deheiner der tugent
die ein ritter in siner jugent
ze vollem lobe haben sol.
man sprach do nieman also wol
in allen den landen.
er hete ze sinen handen
geburt unde richeit:
ouch was sin tugent vil breit.
swie ganz sin habe waere,
sin geburt unwandelbaere
und wol den vürsten gelich,
doch was er unnach also rich
der geburt und des guotes
so der eren und des muotes.
Sin name was gnuoc erkennelich:
er hiez der herre Heinrich
und was von Ouwe geborn.
sin herze hate versworn
valsch und alle dörperheit
und behielt ouch vaste den eit
staete unz an sin ende.
ane alle missewende
stuont sin ere und sin leben.
im was der rehte wunsch gegeben
von werltlichen eren:
die kunde er wol gemeren
mit aller hande reiner tugent.
er was ein bluome der jugent,
der werltvreude ein spiegelglas,
staeter triuwe ein adamas,
ein ganziu krone der zuht.
er was der nothaften vluht,
ein schilt siner mage,
der milte ein glichiu wage:
im enwart über noch gebrast.
er truoc den arbeitsamen last
der eren über rücke.
er was des rates brücke
und sanc vil wol von minnen.
alsus kunde er gewinnen
der werlte lop unde pris.
er was hövesch unde wis.
Do der herre Heinrich
alsus geniete sich
eren unde guotes
und vroeliches muotes
und werltlicher wünne
(er was vür al sin künne
gepriset unde geret),
sin hochmuot wart verkeret
in ein leben gar geneiget.
an im wart erzeiget,
als ouch an Absalone,
daz diu üppige krone
werltlicher süeze
vellet under vüeze
ab ir besten werdekeit,
als uns diu schrift hat geseit.
ez sprichet an einer stat da:
*mediä vita
in morte sumus*.
daz diutet sich alsus,
daz wir in dem tode sweben,
so wir aller beste waenen leben.
Dirre werlte veste,
ir staete und ir beste
und ir groeste mankraft,
diu stat ane meisterschaft.
des muge wir an der kerzen sehen
ein warez bilde geschehen,
daz si zeiner aschen wirt,
iemitten daz si lieht birt.
wir sin von broeden sachen.
nu sehet, wie unser lachen
mit weinenne erlischet.
unser süeze ist gemischet
mit bitterer gallen.
unser bluome der muoz vallen,
so er aller grüenest waenet sin.
an hern Heinriche wart wol schin:
der in dem hoehsten werde
lebet uf dirre erde,
derst der versmahte vor gote.
er viel von sinem gebote
ab siner besten werdekeit
in ein smaehlichez leit:
in ergreif diu miselsuht.
do man die swaeren gotes zuht
ersach an sinem libe,
manne unde wibe
wart er do widerzaeme.
nu sehet, wie genaeme
er e der werlte waere,
und wart nu als unmaere.
ze hewe wart sin grüenez gras,
der e der werlte venre was,
daz in niemen gerne sach:
als ouch Jobe geschach,
dem edeln und dem richen,
der ouch vil jaemerlichen
dem miste wart ze teile
iemitten in sinem heile.
Do der arme Heinrich
von erste verstuont sich,
daz er der werlte widerstuont,
als alle sine geliehen tuont.
do schiet in sin bitter leit
von Jobes geduldikeit.
wan ez leit Job der guote
mit geduldigem muote,
doz im ze lidenne geschach,
durch der sele gemach
den siechtuom und die swacheit,
die er von der werlte leit:
des lobete er got und vreute sich.
do tete der arme Heinrich
leider niender also:
er was truric und unvro.
sin swebendez herze daz verswanc,
sin swimmendiu vreude ertranc,
sin hochvart muose vallen,
sin honec wart ze gallen.
ein swinde vinster donerslac
zebrach im sinen mitten tac,
ein trüebez wolken unde dic
bedahte im siner sunnen blic.
er sente sich vil sere,
daz er so manege ere
hinder im müese lazen.
vervluochet und verwazen
wart vil dicke der tac,
da sin geburt ane lac.
Ein wenic vreute er sich doch
von einem troste dannoch:
wan im wart dicke geseit,
daz diu selbe siecheit
waere vil mislich
und etelichlu genislich.
des wart vil maniger slahte
sin gedinge und sin ahte.
er gedahte, daz er waere
vil lihte genisbaere,
und vuor also drate
nach der arzate rate
gegen Munpasiliere.
da vant er vil schiere
niuwan den untrost,
daz er niemer würde erlost.
daz horte er ungerne
und vuor engegen Salerne
und suochte euch da durch genist
der wisen arzate list.
Den besten meister, den er da vant,
der seite ime sa zehant
ein seltsaene maere,
daz er genislich waere
und waere doch iemer ungenesen.
do sprach er: 'wie mac daz wesen?
diu rede ist harte unmügelich.
bin ich genislich, so genise ich:
und swaz mir vür wirt geleit
von guote ode von arbeit,
daz getruwe ich wol bringen.'
‚nu lat den gedingen',
sprach der meister aber do:
'iuwer sühte ist also:
- waz vrumet, daz ichz iu kunt tuo? -
da hoeeret arzenie zuo:
des waeeret ir genislich.
nu enist aber nieman so rich
noch von so starken sinnen,
der si müge gewinnen.
des sit ir iemer ungenesen,
got enwelle der arzat wesen.'
Do sprach der arme Heinrich:
‚war umbe untroestet ir mich?
joch han ich guotes wol die kraft:
ir enwellet danne meisterschaft
und iuwer reht brechen
und dar zuo versprechen
beidiu min silber und min golt,
ich mache iuch mir also holt,
daz ir mich harte gerne nert.'
‚mir waere der wille unerwert',
sprach der meister aber do,
'und waere der arzenie also,
daz man si veile vunde
ode daz man si kunde
mit deheinem liste erwerben,
ich enlieze iuch niht verderben.
nu enmac des leider niht sin:
da von muoz iu diu helfe min
durch alle not sin versaget.
ir müeset haben eine maget,
diu vollen manbaere
und des willen waere,
daz si den tot durch iuch lite.
nu enist ez niht der Iiute site,
daz ez ieman gerne tuo.
so enhoert ouch anders niht dar zuo
niuwan der rnaget herzebluot:
daz waere vür iuwer suht guot.'
Nu erkande der arme Heinrich,
daz daz waere unmügelich,
daz iemen den erwürbe,
der gerne vür in stürbe.
alsus was im der trost benomen,
uf den er dar was komen;
und dar nach vür die selben vrist
enhete er ze siner genist
dehein gedingen mere.
des wart sin herzesere
also kreftic unde groz,
daz in des aller meist verdroz,
ob er langer solde leben.
nu vuor er heim und begunde geben
sin erbe und euch sin varnde guot,
als in do sin selbes muot
und wiser rat lerte,
da erz aller beste kerte.
er begunde bescheidenlichen
sine armen vriunt richen
und troste ouch vremede armen,
daz sich got erbarmen
geruochte über der sele heil:
den kloestern viel daz ander teil.
alsus tet er sich abe
bescheidenlichen siner habe
unz an ein geriute:
dar vloch er die liute.
disiu jaemerliche geschiht
diu was sin eines klage niht:
in klageten elliu diu lant,
dä er inne was erkant,
und ouch von vremeden landen,
die in nach sage erkanden.
Der e diz geriute
und der ez dannoch biute,
daz was ein vrier buman,
der vil selten ie gewan
dehein groz ungemach,
daz andern geburen doch geschach,
die wirs geherret waren
und si die niht verbaren
beidiu mit stiure und mit bete.
swaz dirre gebure gerne tete,
des duhte sinen betten genuoc:
dar zuo er in übertruoc,
daz er deheine arbeit
von vremedem gewalte leit.
desn was deheiner sin gelich
in dem lande also rich.
zuo deme zoch sich
sin herre, der arme Heinrich.
swaz er im hete e gespart,
wie wol daz nu gedienet wart
und wie schone er sin genoz!
wan in vil lützel des verdroz,
swaz im ze tuonne geschah durch in.
er hete die triuwe und ouch den sin,
daz er vil willeclichen leit
den kumber und die arbeit,
diu im ze lidenne geschach.
er schuof ime rich gemach.
Got hete dem meier gegeben
nach siner ahte ein reinez leben.
er hete ein wol erbeiten lip
und ein wol werbendez wip,
dar zuo hete er schoeniu kint,
diu gar des mannes vreude sint,
unde hete, so man saget,
under den eine maget,
ein kint von ahte jaren:
daz kunde gebaren
sö rehte güetlichen:
diu wolde nie entwichen
von ir herren einen vuoz.
umbe sin hulde und sinen gruoz
diente si im alle wege
mit ir güetlichen phlege.
si was ouch so genaeme,
daz si wol gezaeme
ze kinde dem riche
an ir waetliche.
Die andern haten den sin,
daz si ze rehter rnaze in
wol gemiden kunden:
so vloch si zallen stunden
zim und niender anderswar.
si was sin kurzwile gar.
si hete ir gemüete
mit reiner kindes güete
an ir herren gewant,
daz man si zallen ziten vant
under sinem vuoze.
mit süezer unmuoze
wonte si ir herren bi.
dar zuo liebete er ouch si,
swa mite er mohte
und daz der maget tohte
zuo ir kintlichen spil:
des gap der herre ir vil.
ouch half in sere, daz diu kint
so lihte ze wenenne sint.
er gewan ir, swaz er veile vant:
spiegel unde harbant,
und swaz kinden liep solte sin,
gürtel unde vingerlin.
mit dienste brahte siz an die vart,
daz er ir also holt wart,
daz er si sin gemahel hiez.
diu guote maget in liez
beliben selten eine:
er duhte si vil reine.
swie starke ir daz geriete
diu kindische miete,
iedoch geliebete irz aller meist
von gotes gebe ein süezer geist.
ir dienest was so güetlich.
do der arme Heinrich
driu jar da entwelte
und im got gequelte
mit grozem sere den lip,
nu saz der meler und sin wip
und ir tohter, diu maget,
von der ich iu e han gesaget,
bi im in ir unmüezikeit
und weinden ir herren leit.
der klage gienc in michel not:
wan si vorhten, daz sin tot
si sere solte letzen
und vil gar entsetzen
eren unde guotes,
und daz herters muotes
würde ein ander herre.
si gedahten also verre,
unz der selbe buman
alsus vragen began.
Er sprach: 'lieber herre min,
möhtez mit iuwern hulden sin,
ich vragete vil gerne:
so vil zuo Salerne
von arzenien meister ist,
wie kumet, daz ir deheines list
ziuwerm ungesunde
niht geraten kunde?
herre, des wundert mich.'
do holte der arme Heinrich
tiefen suft von herzen
mit bitterlichem smerzen:
mit solher riuwe er do sprach,
daz im der suft daz wort zebrach:
‚Ich han den schemelichen spot
vil wol gedienet umbe got
wan du saehe wol hie vor,
daz hoch offen stuont min tor
nach werltlicher wünne
und daz niemen in sinem künne
sinen willen baz hete dan ich:
und was daz doch unmügelich,
wan ich in het mit vrevil gar.
do nam ich sin vil kleine war,
der mir daz selbe wunschleben
von sinen gnaden hete gegeben.
daz herze mir do also stuont,
als alle werlttoren tuont,
den daz raetet ir muot,
daz si ere unde guot
ane got mügen han.
sus trouc ouch mich min tumber wan,
wan ich in lützel ane sach,
von des gnaden mir geschach
vil eren unde guotes.
do des hochmuotes
den hohen portenaere verdroz,
die saelden porte er mir besloz.
da kum ich leider niemer in:
daz verworhte mir min tumber sin.
got hat durch rache an mich geleit
ein sus gewante siecheit,
die nieman mac erloesen.
nu versmahe ich den boesen,
die biderben ruochent min niht.
swie boese er ist, der mich gesiht,
des boeser muoz ich dannoch sin.
sin unwert tuot er mir schin:
er wirfet diu ougen abe mir.
nu schinet alrest an dir
dine triuwe, die du hast,
daz du mich siechen bi dir last
und von mir niene vliuhest.
swie du mich niht enschiuhest,
swie ich niemen liep si wan dir,
swie vil dins heiles ste an mir,
du vertrüegest doch wol minen tot.
nu wes unwert und wes not
wart ie zer werlte merre?
hie vor was ich din herre
und bin din dürftige nu.
min lieber vriunt, nu koufestu
und min gemahel und din wip
an mir den ewigen lip,
daz dü mich siechen bi dir last.
des dü mich gevraget hast,
daz sage ich dir vil gerne.
ich enkunde zuo Salerne
deheinen meister vinden,
der sich min underwinden
getörste ode wolde.
wan da mite ich solde
miner sühte genesen,
daz müese ein selhiu sache wesen,
die in der werlte nieman
mit nihte gewinnen kan.
mir wart anders niht gesaget,
wan daz ich müese han ein maget,
diu vollen manbaere
und des willen waere,
daz si den tot durch mich lite
und man si zem hetzen snite,
und mir waere niht anders guot
wan von ir hetzen daz bluot.
nu ist genuoc unmügelich,
daz ir deheiniu durch mich
gerne lide den tot.
des muoz ich schäntliche not
tragen unz an min ende.
daz mirz got schiere sende!'
Daz er dem vater hete gesaget,
daz erhorte diu reine maget:
wan ez hete diu vil süeze
ir lieben herren vüeze
stande in ir schozen.
man mohte wol genozen
ir kintlich gemüete
hin zuo der engel güete.
siner rede nam si war
unde marhte si gar:
si enkam von ir herzen nie,
unz si des nahtes slafen gie
zir vater vüezen, da si lac,
und euch ir muoter, so si phlac.
do si beide entsliefen,
manigen suft tiefen
holte si von herzen.
umbe ir herren smerzen
wart ir riuwe also groz,
daz ir ougen regen begoz
der slafenden vüeze.
sus erwahte si diu süeze.
Do si der trähene emphunden,
si erwacheten und begunden
si vragen, waz ir waere
und welher hande swaere
si also stille möhte klagen.
nu enwolte sis in niht gesagen.
do ir vater aber tete
vil manege dro unde bete,
daz siz in müese sagen,
si sprach: 'ir möhtet mit mir klagen.
waz mac uns me gewerren
danne an unsern herren,
daz wir den suln verliesen
und mit im verkiesen
beidiu guot und ere?
wir gewinnen niemer mere
deheinen herren also guot,
der uns tuo, daz er uns tuot.'
si sprachen: 'tohter, du hast war.
nu vrumet uns niht umbe ein har
unser riuwe und diu klage.
liebez kint, da von gedage:
ez ist uns also leit so dir.
leider nu enmuge wir
im ze deheinen staten komen.
got der hat in uns benomen:
hetez ieman anders getan,
der müese unsern vluoch han.'
Alsus gesweicten si si do.
die naht beleip si unvro
und morgen allen den tac.
swes iemen anders phlac,
diz enkam von ir herzen nie,
unz man des andern nahtes gie
slafen nach gewonheit.
do si sich hate geleit
an ir alte bettestat,
si bereite aber ein bat
mit weinenden ougen:
wan si truoc tougen
nahen in ir gemüete
die aller meisten güete,
die ich von kinde ie vernam.
welch kint getete ouch ie alsam?
des einen si sich gar bewac,
gelebete si morgen den tac,
daz si benamen ir leben
umbe ir herren wolde geben.
Von dem gedanke wart si do
vil ringes muotes unde vro
und enhete deheine sorge me,
wan ein vorhte diu tet ir we:
so siz ir herren sagete,
daz er dar an verzagete,
und swenne siz in allen drin
getaete kunt, daz si an in
der state niene vunde,
daz mans ir iht gunde.
des wart so groz ir ungehabe,
daz ir muoter dar abe
und ir vater wart erwaht
als ouch an der vordern naht.
si rihten sich uf zuo ir
und sprachen: 'sich, waz wirret dir?
du bist vil alwaere,
daz du dich so manige swaere
von selber klage hast an genomen
der nieman mac zeim ende komen.
wan lastu uns slafen?'
sus begunden si si strafen:
waz ir diu klage töhte,
die nieman doch enmöhte
erwenden noch gebüezen?
sus wanden si die süezen
han gesweiget anderstunt:
do was ir wille in unkunt.
sus antwurte in diu maget:
‚als uns min herre hat gesaget,
so mac man in vil wol ernern.
zeware ir enwelt mirz danne wern,
so bin ich zer arzenie guot.
ich bin ein maget und han den muot,
e ich in sihe verderben,
ich wil e vür in sterben.'
Von dirre rede wurden do
trurec und unvro
beide muoter unde vater.
sine tohter die bater,
daz si die rede lieze
und ir herren gehieze,
daz si geleisten möhte,
wan ir diz niene töhte.
er sprach: 'tohter, du bist ein kint
und dine triuwe die sint
ze groz an disen dingen.
du enmaht si niht bringen,
als du uns hie hast verjehen.
du hast des todes niht gesehen.
swennez dir kumet uf die vrist,
daz des dehein rat ist,
du enmüezest ersterben,
und möhtestu daz erwerben,
du lebetest gerner dannoch:
wan du enkaeme nie in leider loch.
tuo zuo dinen munt:
und wirstu vür dise stunt
der rede iemer mere lut,
ez gat dir uf dine hut.'
alsus wande er si do
beidiu mit bete und mit dro
gesweigen: do enmohter.
Sus antwurte im sin tohter:
‚vater min, swie tump ich si,
mir wonet iedoch diu witze bi,
daz ich von sage wol die not
erkenne, daz des libes tot
ist stare unde strenge.
Swer joch danne die lenge
mit arbeiten leben sol,
dem ist ouch niht ze wol:
wan swenne er hie geringet
und uf sin alter bringet
den lip mit micheler not,
so muoz er liden doch den tot.
ist im diu sele danne verlorn,
so waere er bezzer ungeborn.
ez ist mir komen uf daz zil,
des ich got iemer loben wil,
daz ich den jungen lip mac geben
umbe daz ewige leben.
Nu sult ir mirz niht leiden.
ich wil mir und in beiden
vil harte wol inne varn.
ich mac uns eine wol bewarn
vor schaden und vor leide,
als ich in nu bescheide.
wir han ere unde guot:
daz meinet mines herren muot,
wan er uns leit nie gesprach
und ouch daz guot nie abe gebrach.
die wile daz er leben sol,
so stat unser sache wol:
und laze wir den ersterben,
so müezen wir verderben.
den wil ich uns vristen
mit also schoenen listen,
da mite wir alle sin genesen.
nu gunnet mirs, wan ez muoz wesen.'
Diu muoter weinende sprach,
do si der tohter ernest sach:
gedenke, tohter, liebez kint,
wie groz die arbeite sint,
die ich durch dich erliten han,
und la mich bezzern lon emphan,
dan ich dich hoere sprechen.
du wilt min herze brechen.
senfte mir der rede ein teil.
ja wiltu allez din heil
an uns verwürken wider got?
wan gedenkestu an sin gebot?
ja gebot er unde bater,
daz man muoter unde vater
minne und ere biete,
und geheizet daz ze miete,
daz der sele genist werde
und lanclip uf der erde.
du gihst, du wellest din leben
durch unser beider vreude geben:
du wilt iedoch uns beiden
daz leben vaste leiden.
daz din vater unde ich
gerne leben, daz ist durch dich.
waz solde uns lip unde guot,
waz solde uns werltlicher muot,
swenne wir din enbaeren?
dun solt uns niht beswaeren.
ja soltu, liebiu tohter min,
unser beider vreude sin,
unser liebe ane leide,
unser liehtiu ougenweide
unser libes wünne,
ein bluome in dinem künne,
unsers alters ein stap.
und lazestu uns über din grap
gestan von dinen schulden,
du muost von gotes hulden
iemer sin gescheiden:
daz koufest an uns beiden.
wiltu uns, tohter, wesen guot,
so soltu rede und den muot
durch unsers herren hulde lan,
diu ich von dir vernomen han.
Si sprach: 'muoter, ich getruwe dir
und minem vater her ze mir
aller der genaden wol,
der vater unde muoter sol
leisten ir kinde,
als ich ez wol bevinde
an iu aller tegelich.
von iuwern gnaden han ich
die sele und einen schoenen lip.
mich lobet man unde wip,
alle, die mich sehende sint,
ich si daz schoeneste kint,
daz si zir lebene haben gesehen.
wem solde ich der genaden jehen
niuwan in zwein nach gote?
des sol ich ziuwerm gebote
iemer vil gerne stan:
wie michel reht ich des han!
Muoter, saeligez wip,
sit ich nu sele unde lip
von iuwern genaden han,
so latz an iuwern hulden stan,
daz ich ouch diu beide
von dem tiuvel scheide
und mich gote müeze geben.
ja ist dirre werlte leben
niuwan der sele verlust.
ouch hat mich werltlich gelust
unz her noch niht berüeret,
der hin zer helle vüeret.
nu wil ich gote gnade sagen,
daz er in minen jungen tagen
mir die sinne hat gegeben,
daz ich uf diz broede leben
ahte harte kleine.
ich wil mich alsus reine
antwürten in gotes gewalt.
ich vürhte, so!de ich werden alt,
daz mich der werlte süeze
zuhte under vüeze,
als si vil manigen hat gezogen,
den ouch ir süeze hat betrogen:
so würde ich lihte gote entsaget.
dem müezez iemer sin geklaget,
daz ich unz morgen leben sol.
mir behaget diu werlt niht so wol:
ir gemach ist michel arbeit,
ir meiste liep ein herzeleit,
ir süezer lon ein bitter not,
ir lanclip ein gaeher tot.
wir han niht gewisses rne
wan hiute wol und morgen we
und ie ze jungest der tot:
daz ist ein jaemerlichiu not.
ez enschirmet geburt noch guot,
schoene, sterke, hoher muot,
ez envrumet tugent noch ere
vür den tot niht mere
dan ungeburt und untugent.
unser leben und unser jugent
ist ein nebel und ein stoup,
unser staete bibet als ein loup.
Er ist ein vil verschaffen gouch
der gerne in sich vazzet rouch,
ez si wip ode man,
der diz niht wol bedenken kan
und der werlde volgende ist,
wan uns ist über den vulen mist
der phellel gespreitet:
swen nu der blic verleitet,
der ist zer helle geborn
und enhat niht verlorn
wan beidiu sele unde lip.
nu gedenket, saeligez wip,
müeterlicher triuwe
und senftet iuwer riuwe,
die ir dä habet umbe mich:
so bedenket ouch der vater sich
ich weiz wol, daz er mir heiles gan.
er ist ein also biderber man,
daz er erkennet wol, daz ir
unlange doch mit mir
iuwer vreude muget han,
ob ich joch lebende bestan
belibe ich ane man bi iu
zwei jar ode driu,
so ist min herre lihte tot,
und komen in so groze not
vil lihte von armuot,
daz ir mir selhez guot
zeinem man niht rnuget geben,
ich enmüeze also swache leben,
daz ich iu lieber waere tot.
nu geswige wir aber der not,
daz uns niht enwerre
und uns min lieber herre
wer und also lange lebe,
unz man mich zeinem manne gebe,
der riche si unde wert
so ist geschehen, des ir da gert,
und waenet, mir si wol geschehen.
anders hat mir min muot verjehen
wirt er mir liep, daz ist ein not
wirt er mir leit, daz ist der tot.
so han ich iemer leit
und bin mit ganzer arbeit
gescheiden von gemache
mit maneger hande sache,
diu den wiben wirret
und si an vreuden irret.
Nu setzet mich in den vollen rat,
der da niemer zegat.
min gert ein vrier buman,
dem ich wol mines libes gan.
zeware, dem sult ir mich geben,
so ist geschaffen wol min leben.
im gat sin phluoc harte wol,
sin hof ist alles rates vol,
da enstirbet ros noch daz rint
da enmüent diu weinenden kint
da enist ze heiz noch ze kalt,
da enwirt von jaren nieman alt
(der alte wirt junger),
da enist vrost noch hunger
da enist deheiner slahte leit,
da ist ganziu vreude ane arbeit.
ze dem wil ich mich ziehen
und selhen bu vliehen,
den der schur und der hagel sleht
und der wac abe tweht,
mit dem man ringet und ie ranc.
swaz man daz jar also lanc
dar uf garbeiten mac,
daz verliuset schiere ein halber tac.
den bu den wil ich lazen:
er si von mir verwazen.
ir minnet mich, deist billich.
nu sihe ich gerne, daz mich
iuwer minne iht unminne.
ob ir iuch rehter sinne
an mir verstan kunnet,
und ob ir mir gunnet
guotes und eren,
so lazet mich keren
zunserm herren jesu Krist,
des gnade also staete ist,
daz si niemer zegat,
und ouch zuo mir armen hat
also groze minne
als zeiner küniginne.
Ich sol von minen schulden
uz iuweren hulden
niemer komen, wil ez got.
ez ist gewisse sin gebot,
daz ich iu si undertan,
wan ich den lip von iu han:
daz leiste ich ane riuwe.
euch sol ich mine triuwe
an mir selber niht brechen.
ich horte ie daz sprechen:
swer den andern vreuwet so,
daz er selbe wirt unvro,
und swer den andern kroenet
und sich selben hoenet,
der triuwen si joch ze vil.
wie gerne ich iu des volgen wil,
daz ich in triuwe leiste,
mir selber doch die meiste!
welt ir mir wenden min heil
so laze ich iuch ein teil
e nach mir geweinen,
ich enwelle mir erscheinen,
wes ich mir selber schuldic bin.
ich wil lemer da hin,
da ich volle vreude vinde.
ir habet ouch me kinde:
diu lat iuwer vreude sin
und getroestet iuch min.
mir mac daz nieman erwern
zeware, ich enwelle ernern
minen herren unde mich.
muoter, ja horte ich dich
klagen unde sprechen e
ez taete dinem herzen we,
soldestu ob minem grabe stan.
des wirstu harte wol erlan:
du stast ob minem grabe niht,
wan da mir der tot geschiht,
daz enlat dich nieman sehen:
ez sol ze Salerne geschehen.
da sol der tot uns Ioesen
von den hellegeisten boesen.
des todes genese wir
und ich verre baz dan ir.'
Do si daz kint sahen
zem tode so gahen
und ez so wislichen sprach
unde menschlich reht zebrach,
si begunden ahten under in,
daz die wisheit und den sin
niemer erzeigen kunde
dehein zunge in kindes munde.
si jahen, daz der heilic geist
der rede waere ir volleist,
der ouch sant Niklauses phlac.
do er in der wagen lac,
und in die wisheit lerte,
daz er ze gote kerte
sine kintliche güete.
sich bedahte ir gemüete,
daz si niene wolden
si wenden noch ensolden,
daz si sich hete an genomen:
der sin si ir von gote komen.
von jamer erkaltet in der lip.
do der meier und sin wip
an dem bette sazen
also, daz si vergazen
durch des kindes minne
der zungen und der sinne,
zuo der selben stunde
ir dewederz enkunde
ein einic wort gesprechen.
daz gegihte begunde brechen
die muoter vor leide.
sus gesazen si beide
riuwec und unvro,
unz si sich bedahten do,
waz in ir truren töhte:
so ir doch niht enmöhte
benemen willen und den muot.
so enwaere in niht also guot,
so daz si irs wol gunden,
wan si doch niht enkunden
ir niemer werden ane baz.
geviengen si der rede haz,
ez möhte in an ir herren
vil harte gewerren
und verviengen anders niht da mite.
mit vil willeclichem site
jahen si beidiu do,
daz si der rede waeren vro.
Des vreute sich diu reine maget.
do ez vil kume was getaget,
do gienc si, da ir herre slief.
sin gemahel im do rief,
si sprach: 'herre, slafet ir?'
‚nein ich, gemahel, sage mir,
wie bistu hiute also vruo?'
'herre, da twinget mich dar zuo
der jamer iuwer siecheit.'
er sprach: 'gemahel, daz ist dir leit:
daz erzeigestu an mir wol,
als ez dir got vergelten sol.
nu enmac es dehein rat sin.'
'entriuwen, lieber herre min,
iuwer wirt vil guot rat.
sit ez alsus umbe iuch stat,
daz man iu gehelfen mac,
ichn gesume iuch niemer tac.
herre, ir hat uns doch gesaget,
ob ir hetet eine maget,
diu gerne den tot durch iuch lite,
da soldet ir genesen mite.
diu wil ich weizgot selbe sin:
iuwer leben ist nützer dannez min.'
Do genadete ir der herre
des willen harte verre,
und ervolleten im diu ougen
von jamer also tougen.
er sprach: 'gemahel, ja enist der tot
jedoch niht ein senftiu not,
als du dir lihte hast gedaht.
du hast mich des wol innen braht,
möhtestu, du hülfest mir.
des genüeget mich von dir.
ich erkenne dinen süezen muot:
din wille ist reine unde guot,
ich ensol ouch niht me an dich gern.
du maht mich des niht wol gewern,
daz du da gesprochen hast.
die triuwe, die du an mir begast,
die sol dir vergelten got.
diz waere der lantliute spot,
swaz ich mich vür dise stunde
arzenien underwunde
und mich daz niht vervienge,
wan als ez doch ergienge.
gemahel, du tuost als diu kint,
diu da gaehes muotes sint:
swaz den kumet in den muot,
ez si übel ode guot,
dar zuo ist in allen gach,
und geriuwet si dar nach.
gemahel, also tuost ouch du.
der rede ist dir ze muote nu:
der die von dir nemen wolde,
so manz danne enden solde,
so geriuwez dich vil lihte doch.'
daz si sich ein teil noch
baz bedaehte, des bater.
er sprach: 'din muoter und din vater
die enmugen din niht wol enbern.
ich ensol ouch niht ir leides gern,
die mir ie gnade taten.
swaz si dir beidiu raten,
liebe gemahel, daz tuo.'
hie mite lachete er dar zuo,
wan er lützel sich versach,
daz doch sit da geschach.
Sus sprach zir er guoter.
der vater und diu muoter
sprachen: 'lieber herre,
ir hat uns vil verre
geliebet und geret:
daz enwaere niht wol gekeret,
wir engultenz iu mit guote.
unser tohter ist ze muote,
daz si den tot durch iuch dol:
des gunne wir ir harte wol,
sus hat siz umbe uns braht.
si enhat sich kurze niht bedaht:
ez ist hiute der dritte tac,
daz si uns allez ane lac,
daz wir ir sin gunden:
nu hat siz an uns vunden.
nÜ läze iuch got mit ir genesen:
wir wellen ir durch iuch entwesen.'
Do im sin gemahel bot
vür sinen siechtuom ir tot
und man ir ernest ersach,
do wart da michel ungemach.
riuweclich gebaerde
und mislichiu beswaerde
huop sich do under in,
zwischen dem kinde und in drin.
ir vater und ir muoter, die
huoben michel weinen hie:
weinens gienc in michel not
umbe ir vil lieben kindes tot.
nu begunde ouch der herre
gedenken also verre
an des kindes triuwe,
und begreif in ouch ein riuwe,
daz er sere weinen began,
und zwivelte vaste dar an,
weder ez bezzer getan
möhte sin ode verlan.
von vorhten weinde euch diu maget:
si wande, er waere dar an verzaget.
sus waren si alle unvro.
si engerten deheines dankes do.
Ze jungest do bedahte sich
ir herre, der arme Heinrich,
und begunde sagen in
groze gnade allen drin
der triuwen und des guotes
(diu maget wart riches muotes,
daz ers gevolgete gerne)
und bereite sich ze Salerne,
so er schierest mohte.
swaz ouch der maget tohte,
daz wart vil schiere bereit-.
schoeniu phärt und richiu kleit,
diu si getruoc nie vor der zit,
hermin unde samit,
den besten zobel, den man vant,
daz was der mägede gewant.
Nu wer möhte vol gesagen
die herzeriuwe und daz klagen
und ir muoter grimmez leit
und ouch des vater arbeit?
ez waere wol under in beiden
ein jaemerlichez scheiden,
do si ir liebez kint von in
gevrumten so gesundez hin,
niemer me ze sehenne in den tot,
wan daz in senfterte ir not
diu reine gotes güete,
von der doch daz gemüete
ouch dem jungen kinde kam,
daz ez den tot gerne nam.
ez was ane ir rat komen:
da von wart von in genomen
alliu klage und swaere,
wan ez anders wunder waere,
daz in ir herze niht zebrach.
ze liebe wart ir ungemach,
daz si dar nach deheine not
enliten umbe des kindes tot.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
RE: Der arme Heinrich-Themenlieferant für Märchen
in der reale Hintergrund eines Märchens 12.06.2007 16:33von Gemini • | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte
Sus vuor engegen Salerne
vroelich und gerne
diu maget mit ir herren.
waz möhte ir nu gewerren,
wan daz der wec so verre was,
daz si so lange genas?
do er si vol brahte
hin, als er gedahte,
da er sinen meister vant,
do wart ime da zehant
vil vroelichen gesaget,
er hete braht eine maget,
die er in gewinnen hiez.
dar zuo er in si sehen liez.
daz duhte in ungelouplich.
er sprach: 'kint, hastu dich
disses willen selbe bedaht,
ode bistu uf die rede braht
von bete ode dines herren dro?'
diu maget antwurte im also,
daz si die selben raete
von ir herzen taete.
Des nam in michel wunder,
und vuorte si besunder
und beswuor si vil verre,
ob ir ihr ir herre
die rede bete uz erdrot.
er sprach: 'kint, dir ist not,
daz du dich bedenkest baz,
und sage dir rehte umbe waz:
ob du den tot liden muost
unde daz niht gerne tuost,
so ist din junger lip tot
und vrumet uns leider niht ein brot.
nu enhil mich dines willen niht.
ich sage dir, wie dir geschiht:
ich ziuhe dich uz, so stastu bloz,
und wirt din schame harte groz,
die du von schulden danne hast,
so du nacket vor mir stast.
ich binde dir bein und arme.
ob dich din lip erbarme,
so bedenke disen smerzen:
ich snide dich zem hetzen
und brichez lebende uz dir.
vröuwelin, nu sage mir,
wie din muot dar umbe ste.
ezn geschach nie kinde also we,
als dir muoz von mir geschehen.
daz ich ez tuon sol unde sehen,
da han ich michel angest zuo.
sich, wiez dinem libe tuo:
geriuwetz dich eins hares breit,
so han ich min arbeit
unde du den lip verlorn.'
vil tiure wart si aber besworn,
sin erkande sich vil staete,
daz si sichs abe taete.
Diu maget lachende sprach,
wan si sich des wol versach,
ir hülfe des tages der tot
uz werltlicher not:
‚got lone iu, lieber herre,
daz ir mir also verre
hat die warheit gesaget.
entriuwen, ich bin ein teil verzaget:
mir ist ein zwivel geschehen.
ich wil iu rehte begehen,
wie der zwivel ist getan,
den ich nu gewunnen han.
ich vürhte, daz unser arbeit
gar von iuwer zageheit
under wegen belibe.
iuwer rede gezaeme einem wibe,
ir sit eines hasen genaz.
luwer angest ist ze groz,
dar urnbe daz ich ersterben sol.
deiswar ir handelt ez niht wol
mit iuwer grozen meisterschaft.
ich bin ein wip und han die kraft:
geturret ir mich sniden,
ich tat ez wol erliden.
die angestliche arbeit,
die ir mir vor hat geseit,
die han ich wol ane iuch vernomen.
zeware ich enwaere her niht komen,
wan daz ich mich weste
des muotes also veste
daz ichz wol mac dulden.
mir ist bi iuwern hulden
diu broede varwe gar benomen
und ein muot also vester komen,
daz ich als angestlichen stan,
als ich ze tanze süle gan:
wan dehein not so groz ist,
diu sich in eines tages vrist
an minem libe genden mac,
mich endunke, daz der eine tac
genuoc tiure si gegeben
umbe daz ewige leben,
daz da niemer zegat.
iu enmac, als min muot stat,
an mir niht gewerren.
getruwet ir minem herren
sinen gesunt wider geben
und mir daz ewige leben,
durch got daz tuot enzit.
lat sehen, welh meister ir sit.
mich reizet vaste dar zuo.
(ich weiz wol durch wen ichz tuo)
in des narnen ez geschehen sol:
der erkennet dienest harte wol
und lat sin ungelonet niht.
ich weiz wol, daz er selbe giht,
swer grozen dienest leiste,
des lon si ouch der meiste.
da von sol ich disen rat
han vür eine süeze not
nach sus gewissem lone.
lieze ich die himelkrone,
so hete ich alwaeren sin,
wan ich doch lihtes künnes bin.'
Nu vernam er, daz si waere
genuoc unwandelbaere,
und vuorte si wider dan
hin zuo dem siechen man
und sprach zuo ir herren:
‚uns enmac niht gewerren,
iuwer maget ensi vollen guot.
nu habet vroelichen muot:
ich mache iuch schiere gesunt.'
hin vuorte er si anderstunt
in sin heimlich gemach,
da ez ir herre niht ensach,
und besloz im vor die tür
und warf einen rigel vür:
er enwolde in niht sehen lan,
wie ir ende solde ergan.
in einer kemenaten,
die er vil wol beraten
mit guoter arzenie vant,
hiez er die maget da zehant
abe ziehen diu kleit.
des was si vro und gemeit:
si zarte diu kleider in der nat.
schiere stuont si ane wat
und wart nacket unde bloz:
si enschamte sich niht eins hares groz.
Do si der meister ane sach,
in sinem herzen er des jach,
daz schoener kreatiure
al der werlte waere tiure.
so gar erbarmete si in,
daz im daz herze und der sin
vil nach was dar an verzaget.
nu ersach diu guote maget
einen hohen tisch da stan:
da hiez er si uf gan.
dar uf er si vil vaste bant
und begunde nemen in die hant
ein scharphez mezzer, daz da lac,
des er ze selhen dingen phlac.
ez was lanc unde breit,
wan daz ez so wol niene sneit,
als im waere liep gewesen.
do si niht solde genesen,
do erbarmete in ir not
und wolde ir sanfte tuon den tot.
Nu lac da bi im ein
harte guot wetzestein.
da begunde erz ane strichen
harte unmüezeclichen,
da bi wetzen. daz erhorte
der ir vreude storte,
der arme Heinrich hin vür,
da er stuont vor der tür,
und erbarmete in vil sere,
daz er si niemer mere
lebende solde gesehen.
nu begunde er suochen unde spehen,
unz daz er durch die want
ein loch gande vant,
und ersach si durch die schrunden
nacket und gebunden.
ir lip der was vil minneclich.
nu sach er si an unde sich
und gewan einen niuwen muot:
in duhte do daz niht guot,
des er e gedaht hate
und verkertevil drate
sin altez gemüete
in eine niuwe güete.
Nu er si also schoene sach,
wider sich selben er do sprach:
'du hast einen tumben gedanc,
daz du sunder sinen danc
gerst ze lebenne einen tac,
wider den nieman niht enmac.
du enweist ouch rehte, waz du tuost,
sit du benamen ersterben muost,
daz du diz lasterliche leben,
daz dir got hat gegeben,
niht vil willeclichen treist
und ouch dar zuo niene weist,
ob dich des kindes tot ernert.
swaz dir got hat beschert,
daz la allez geschehen.
ich enwil des kindes tot niht sehen.
'Des bewac er sich zehant
und begunde bozen an die want:
er hiez sich lazen dar in.
der meister sprach: 'Ich enbin
nu niht müezic dar zuo,
daz ich iu iht uf tuo.'
'nein, meister, gesprechet mich.
''herre, ja enmac ich.
beitet unz daz diz erge.
'nein, meister sprechet mich e.'
'nu saget mirz her durch die want.*
'ja enist ez niht also gewant.'
zehant liez er in dar in.
do gienc der arme Heinrich hin,
da er die maget gebunden sach.
zuo dem meister er do sprach:
'diz kint ist also wünneclich:
zeware ja enmac ich
sinen tot niht gesehen.
gotes wille müeze an mir geschehen!
wir suln si wider uf lan.
als ich mit iu gedinget han,
daz silber daz wil ich iu geben.
ir sult die maget lazen leben.'
daz horte vil gerne
der meister von Salerne
und volgete im zehant.
die maget er wider uf bant.
Do diu maget rehte ersach,
daz ir ze sterbenne niht geschach,
da was ir muot beswaeret mite.
si brach ir zuht und ir site.
si hete leides genuoc:
zuo den brüsten si sich sluoc,
si zarte unde roufte sich.
ir gebaerde wart so jaemerlich,
daz si nieman hete gesehen,
im enwaere ze weinenne geschehen.
vil bitterlichen si schre:
‚we mir vil armen und ouwe!
wie sol ez mir nu ergan,
muoz ich alsus verlorn han
die richen himelkrone?
diu waere mir ze lone
gegeben umbe dise not.
nu bin ich alrest tot.
ouwe, gewaltiger Krist,
waz eren uns benomen ist,
minem herren unde mir!
nu enbirt er und ich enbir
der eren, der uns was gedaht.
ob diz waere volbraht,
so waere im der lip genesen,
und müese ich iemer selic wesen.'
Sus bat si gnuoc umbe den tot.
do enwart ir nie dar nach so not,
sin verlüre gar ir bete.
do nieman durch si niht entete,
do huop si ein schelten.
si sprach: 'ich muoz engelten
mines herren zageheit.
mir hant die Iiute misseseit:
daz han ich selbe wol ersehen.
ich horte ie die liute jehen,
ir waeret biderbe unde guot
und hetet vesten mannes muot:
so helfe mir got, si hant gelogen.
diu werlt was ie an iu betrogen:
ir waret alle iuwer tage
und sit noch ein werltzage.
des nim ich wol da bi war:
daz ich doch liden getar,
daz enturret ir niht dulden.
herre, von welhen schulden
erschraket ir, do man mich bant?
ez was doch ein dickiu want
enzwischen iu unde mir.
herre min, geturret ir
einen vremeden tot niht vertragen?
ich wil iu geheizen unde sagen,
daz iu nieman niht entuot,
und ist iu nütze unde guot.
ob irz durch iuwer triuwe lat,
daz ist ein vil swacher rat,
des iu got niht lonen wil,
wan der triuwen ist ze vil.'
Swie vil si vlüeche unde bete
und ouch scheltens getete,
daz enmohte ir niht vrum wesen:
si muose iedoch genesen.
swaz do scheltens ergienc,
der arme Heinrich ez emphienc
tugentlichen unde wol,
als ein vrumer ritter sol
dem schoener zühte niht gebrast.
do der gnadelose gast
sine maget wider kleite
und den arzat bereite,
als er gedinget hate,
da vuor er also drate
wider heim ze lande.
swie wol er do erkande,
daz er da heime vunde
mit gemeinem munde
niuwan laster unde spot:
daz liez er allez an got.
Nu hete sich diu guote maget
so gar verweinet und verklaget,
vil nach unz an den tot.
do erkande ir triuwe und ir not
cordis speculator,
vor dem deheines herzen tor
vürnames niht beslozzen ist.
sit er durch sinen süezen list
an in beiden des geruochte,
daz er si versuochte
rehte also volleclichen
sam Joben den richen,
do erzeicte der heilic Krist,
wie liep im triuwe und bärmde ist,
und schiet si do beide
von allem ir leide
und machete in da zestunt
reine unde wol gesunt.
Alsus bezzerte sich
der guote herre Heinrich,
daz er uf sinem wege
von unsers herren gotes phlege
harte schone genas,
daz er vil gar worden was
als von zweinzic jaren.
do si sus gevreuwet waren,
do enbot erz heim ze lande
den, die er erkande
der saelden und der güete,
daz si in ir gemüete
sines gelückes waeren vro.
von schulden muosen si do
von den gnaden vreude han,
die got hete an im getan.
Sine vriunt die besten,
die sine kunft westen,
die riten unde giengen
durch daz si in emphiengen
engegen im wol drie tage.
si engeloupten niemens sage
niuwan ir selber ougen.
si kurn diu gotes tougen
an sinem schoenen libe.
dem meier und sinem wibe,
den mac man wol gelouben,
man enwelle si rehtes rouben,
daz si da heime niht beliben.
si ist iemer ungeschriben,
diu vreude, die si haten,
wan si got hete beraten
mit lieber ougenweide:
die gaben in do beide
ir tohter und ir herre.
ez enwart nie vreude merre,
dan in beiden was geschehen,
do si haten gesehen,
daz si gesunt waren.
si enwesten, wie gebaren.
ir gruoz wart spaehe undersniten
mit vil seltsaenen siten:
ir herzeliep wart also groz,
daz in daz lachen begoz
der regen von den ougen.
der rede ist ane lougen:
si kusten ir tohter munt
etewaz me dan dristunt.
Do emphiengen in die Swabe
mit lobelicher gabe:
daz was ir willeclicher gruoz.
got weiz wol, den Swaben muoz
ieglich biderber man jehen,
der si da heime hat gesehen,
daz bezzers willen niene wart,
dan als in an der heimvart
sin lantliut emphienge.
wiez dar nach ergienge,
waz mac ich da von sprechen me?
er wart richer vil dan e
des guotes und der eren.
daz begunde er allez keren
staeteclichen hin ze gote
und warte sinem gebote
baz dan er e taete.
des ist sin ere staete.
Der meier und diu meierin
die heten ouch vil wol umbe in
verdienet ere unde guot.
ouch hete er niht so valschen muot,
si enhetenz harte wol bewant.
er gap in zeigen da zehant
daz breite geriute,
die erde und die liute,
da er do siecher ufe lac.
siner gemaheln er do phlac
mit guote und mit gemache
und mit aller slahte sache
als einer vrouwen ode baz:
daz reht gebot ime daz.
Nu begunden im die wisen
raten unde prisen
umbe eliche hirat.
ungesamenet was der rat.
er sagete in do sinen muot:
er wolde, diuhtez si guot,
nach sinen vriunden senden
und die rede mit in enden,
swar si ime rieten.
biten und gebieten
hiez er allenthalben dar,
die sines wortes naemen war.
do er si alle dar gewan,
beide mage unde man,
do tet er in die rede kunt.
nu sprach ein gemeiner munt,
ez waere reht unde zit.
hie huop sich ein michel strit
an dem rate under in:
dirre riet her, der ander hin,
als ie die Iiute taten,
da si solden raten.
Ir rat was so mislich.
do sprach der herre Heinrich:
‚iu ist allen wol kunt
daz ich vor kurzer stunt
was vil ungenaeme,
den Iiuten widerzaeme.
nu enschiuhet mich man noch wip:
mir hat gegeben gesunden lip
unsers herren gebot.
nu ratet mir alle durch got,
von dem ich die genade han,
die mir got hat getan,
daz ich gesunt worden bin
wie ichz verschulde wider in.
si sprachen: 'nemet einen muot,
daz im lip unde guot
iemer undertaenic si.'
sin gemahel stuont da bi,
die er vil güetlich ane sach.
er umbevienc si unde sprach:
'iu ist allen wol gesaget,
daz ich von dirre guoten maget
minen gesunt wider han,
die ir hie sehet bi mir stan.
nu ist si vri als ich da bin:
nu raetet mir al min sin,
daz ich si ze wibe neme.
got gebe, daz es iuch gezeme,
so wil ich si ze wibe han.
zeware, mac daz niht ergan,
so wil ich sterben ane wip,
wan ich ere unde lip
han von ir schulden.
bi unsers herren hulden
wil ich iuch biten alle,
daz ez iu wol gevalle.'
Nu sprachen sie alle geliche,
beide arme und riche,
ez waere ein michel vuoge.
da waren phaffen genuoge:
die gaben si im ze wibe.
nach süezem lanclibe
do besazen si geliche
daz ewige riche..
also müezez uns allen
ze jungest gevallen !
den lon den si da namen,
des helfe uns got. amen.
Liebe Grüße
Bettina
Rezitante und Musäusfan-ny
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