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#1

RE: Interaktives Erzählen

in Märchenerzähler 02.11.2008 12:40
von Allerleirauh | 91 Beiträge | 143 Punkte

Hallo, hat jemand von euch schon mal interaktiv gearbeitet?
D.H. in einer Kleingruppe beginnt der Erzähler eine kurze märchenhafte Geschichte, lädt dann die teilnehmer dazu ein, sich mit einer Person zu identifizieren und anstelle der Person in der Geschichte zu agieren. Damit das nicht zu einem rein therapeutischen oder gruppendynamischen Setting " verkommt", muss der Erzähler am Schluss den Sack zumachen, die Geschichte zu Ende bringen.
Wenn es dir recht ist, Gemini (sonst lösache ich es selbstverständlich wieder) bringe ich ein Beispiel.
In einer Gruppe kam das Gespräch auf den Mythos von Ikarus.
Spontan fiel mir eine Abwandlung ein, die ich brachte:


Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.

Hans Christian Andersen
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#2

RE: Interaktives Erzählen

in Märchenerzähler 02.11.2008 12:41
von Allerleirauh | 91 Beiträge | 143 Punkte

Das Märchen von Ikarus



--Daedalus sah, wie der Körper des Jungen hilflos nach unten
trudelte, umgeben von einer Wolke von Federn, die obwohl so viel
leichter, dennoch ebenso schnell abwärts zu treiben schienen wie sein
Kind. Das Wachs, das Wachs macht sie schwer, dachte er.
Verzweifelt versuchte er , seinen Sohn im Auge zu behalten. er wusste,
er würde den Fall nicht aufhalten können, aber er wollte wissen , wo der
Körper seines Kindes blieb; im Wasser, aufden Felsen, er wollte ihn
bergen, begraben, wenigstens begraben.
Diesen Gedanken hielt er fest, als eine jähe Sturmböe aufkam, den Jungen
mitriss. Im nächsten Augenblick verdunkelte sich der Himmel, er konnte
fast nichts mehr sehen,hatte Mühe, sich selbst im Gleichgewicht zu
halten.
Als der Sturm vorüber war, flog er allein ber einem weissblauen Meer,
von Weitem drangen Möwenschreie an sein Ohr.
> >

Unter ihm war etwas Weiches, Feuchtes,eine Wiese, Regenwasser, sein
eigenes Blut?
Ikarus versuchte sich zur Seite zu drehen und ein heftiger Schmerz
schoss durch seinen Körper. Er liess sich langsam in seine alte
Position zurückgleiten, öffnete stattdessen seine Augen.Ein
stahlgrauer Himmel, eine Wiese, am Rande seines Blickfeldes
undeutliche Gestalten.Jemand kam näher, kniete sich neben ihn. Er sah
ein fremdartiges aber freundliches Gesicht, hörte Worte, die er nicht
verstand.Barbaren- ich bin unter Barbaren gelandet, dachte er. Dann
spürte er, wie er das Bewusstsein verlor. Sterben oder schlafen und
träumen, von Daedalus, dem Himmel, der Sonne. Die Sonne wurde riesig,
heiss, ein Feuerball, um ihn begannen die Federn zu fallen, heisses
Wachs tropfte auf seinen Rücken, dann der Sturz, der Moment der Angst-
Ikarus erwachte, wieder auf der Wiese unter dem grauen Himmel zwischen
den Fremden.
Der Mann neben ihm stand auf, rief etwas zu den Umstehenden und Ikarus
spürte, wie er aufgehoben und fortgetragen wurde.
An die Zeit danach konnte er sich später nur ungenau erinnern. Er lag
lange in der Hütte des alten Mannes, die Schmerzen kamen und gingen,
bis sie völlig verschwanden.
Er hatte ein wenig von der Sprache der Fremden gelernt, erfahren, dass
sein Retter der Heiler des Dorfes war , einem von etwa einem Dutzend
kleiner Dörfer auf einer Insel, die scheinbar keinen Kontakt zum
Festland hatte- eine Welt von unkultivierten Barbaren, wie er es
gleich zu Anfang geahnt hatte.


Immerhin schienen es freundliche Barbaren, was die Sache aber nicht
wesentlich besser machte.
Eines Morgens nach dem Frühstück erklärte der Alte ihm, dass er als
Heiler auch für andere Dörfer zuständig sei. Ikarus war noch zu
schwach, um mit ihm zu gehen oder alleine zu bleiben, daher hatte er
ihn der Pflege einer Frau im Dorf anvertraut. "Sie wird dir alles
beibringen, was du wissen musst, um hier zu leben und um uns zu
verstehen," so erklärte ihm der Heiler.
Ikarus siedelte also zu der alten Frau um. Sie war freundlich, sorgte
für ihn, teilte ihre Hütte und ihre Habe mit ihm, aber sie wurde ihm
mit der Zweit immer lästiger. Wie nicht anders zu erwarten, war sie
unwissend, abergläubisch und engstirnug. Je mehr sie versuchte, ihn zu
einem der Barbaren zu machen, desto mehr sträubte er sich und desto
energischer wiederum wurde sie.
Ich darf nie vergessen, wer ich bin , sagte er sich immer wieder . Ich
bin Ikarus, sohn des berühmten Daedalus aus einem kultivierten Volk.
Dennoch gewöhnte er sich langsam an das Leben im Dorf, lernte die
Sitten und Gebräuche kennen und als der alte Heiler wiederkam befand
er, dass Ikarus nun soweit war, einen Beruf zu ergreifen und für sich
selbst zu sorgen.




---Da die üblichen Berufe der Barbaren-Bauer, Jäger, Grobschmied und
dergleichen Ikarus nicht zusagten,nahm ihn der Heiler zunächst wieder
bei sich auf.Dabei entdeckte Ikarus, dass er zwar wenig Lust zum Beruf
des Heilers hatte, dass er aber gut darin war, Kräuter zu sammeln und
die Werkzeuge des Heilers instand zu halte und zu pflegen.Ich werde
Medizinen herstellen und die Werkzeuge, die ein Heiler für seine
Arbeit braucht, entschloss er sich. Und da er klug ung geschickt war,
lernte er schnell, schaute sich beim Alten ab, was er nur brauchen
konnte, fing aber auch bald selbst an, Rezepturen zu erdenken oder
Gerätschaften zu verbessern.
Bald konnte er von seiner Kunst leben, zog im Sommer umher, um die
Kräuter zu sammeln und seine Ware zu verkaufen, im Winter lebte er im
Dorf , in das er zuerst gebracht worden war.
Nach ein paar Jahren konnte er eine eigene Hütte bauen und nahm sich
ein Mädchen zur Frau, dass nicht ganz so grob und dumm war wie die
anderen Weiber im Dorf.Trotzdem war sie natürlich nicht so perfekt, so
schön, elegant, kultiviert und gütig, wie die Damen, an die er sich
von seinem früheren Leben her erinnerte. Er musste aber zugeben, dass
er sie liebte und zumindest mehr schätzte als die restlichen Barbaren,
unter dene er zu leben gezwungen war- die nie, niemals verstehen
würden, was wahre Grösse und wahre Vollkommenheit ist.



--- Wenn er solchen Gedanken nachhing,fiel es ihm schwer, geduldig
gegenüber denen zu sein, die um ihn waren. In einer solchen Stimmung
machte er sich an einem Spätsommertag auf den Weg, um wilde Kräuter zu
sammeln und Thymian, Minze und Lavendel bei den Bauern zu kaufen.
Von seiner Frau nahm er freundlich, aber kurz Abschied, sie war selber
still und einsilbig , denn sie spürte, dass es einer der Tage war, an
denen er ihr innerlich fern war, an denen weder ihre Schönheit noch
ihre Zärtlichkeit ihn wirklich erreichen konnten.
Der alte Heiler war auf seiner Reisen durch die Dörfer, so dass
Ikarus sich nicht von ihm verabschieden musste.
Anstandshalber ging er bei der Alten vorbei, die ihm in seiner
Anfangsziet im Dorf eine solche Last gewesen war.
Da sie nie ein Blatt vor den Mund nahm, sprach sie ihn auf seine Laune an.
" Es ist eine herrlicher Tag, du gehst auf Reisen und wirst ein gutes
Geschäft machen und wer, weiss, wenn du wiederkommst, werdet ihr
zuhause nicht mehr nur zu zweit sein. Du aber siehst aus, als hättest
du ein Büschel Sauerampfer roh gefressen.
Bei dieser plumpen Ansprache verlor Ikarus nun doch die Geduld.


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---Meinst du denn, es ist ein vergnügen, hier zu leben. Ihr freilich
kennt nichts anderes als dieses öde Eiland, euer mühseliges Leben, ihr
fragt nicht danach, ob es Grösseres und Besseres gibt. Aber ich habe
es gesehen, ja, ich habe an einem anderen und besseren Ort gelebt, war näher an der sonne als irgebdein anderer Mensch
auch wenn ich mich kaum noch erinnere. wie sollte ich hier glücklich sein?
Die Alte sah ihn scharf an.
" Du glaubst also, du allein weisst, das diese Insel nicht die Welt ist.
Das wissen wir auch, alle Legenden erzählen von der Zeit, als unsere
Vorfahren von ihrer Heimat fliehen mussten, von den Schiffen auf einem
Meer das rot schien im Feuer der Vulkane unserer alten Heimat.
Wo die anderen hintrieben, wissen wir nicht, viele sind wohl
untergegangen. Doch einige Schiffe strandeten hier.Aber all´das habe
ich dir erzählt in all unseren Geschichten und in den Lehren unserer
Priester, aber du hast nie zugehört."
Ikarus, der für einen Moment ruhiger geworden war, dachte an die
endlosen langweiligen Abenden an den Herdfeuern und die womöglich noch
langweiligeren Riten bei dem versoffenen Dorfpriester in dem kleien
Tempelchen mit den grob geschnitzten Figuren.
"Alle deine Geschichten und Lehren reichen nicht an ein Wirklichkeit
heran , wie ich sie brauche. Ich will Wissen, nicht Legenden, Weisheit
und Erkenntnis, was ich suche, konntest du mir nicht geben."
" Ich habe dir alles gegeben, was ich habe,"sagte die Alte leise, aber
das hörte Ikarus, der schon hinausgestürmz war, nicht mehr.
Noch verzweifelter und missmutiger als vorher zog er aus dem Dorf,
liess die lächerlichen Palisadenumzäunung, die einer
Belagerungsmaschine seines Vaters niemals standgehalten hätten ,
hinter sich.


Als er im nächsten Dorf ankam, hob sich seine Laune , denn er traf
den alten Heiler, mit dem er noch am besten von allen zurechtkam.
Er fand ihn in der Hütte der Bäuerin, die ihm grosse Büschel von Minze und Salbei
getrocknet hatte. Die packte er in seine kleine Handkarre,
sicher verborgen vor dem Regen, der selbst im Sommer täglich fiel.


Dort also fand Ikarus den alten Heiler, wie er einem kleinen
Jungen eine Beinschiene anlegte und ihm half, aufzustehen und damit zu
laufen.
Sofort dachte Ikarus sich, dass die grossen Ärzte in Kreta oder gar in
der Heimat seines Vaters, in Athen, viel mehr hätten tun können als der
schlichte Heiler, der die grossen Gelehrten nicht einmal vom Namen
kannte, geschweige denn ihre grosse Kunst auch nur ahnte.
Doch da er den Alten recht gern hatte, wartete er, bis der mit seiner
Arbeit fertig war und schlug vor, eine Weile gemeinsam zu reisen.
Auf dem Wege kam wieder seine düstere Stimmung über ihn und er fragte
den alten Mann
Bist du deiner Kunst nicht manchmal überdrüssig? Was willst du
ausrichten, wo der Zufall , die Launen der Götter und die Dummheit der
Menschen- die übrigens ganz beträchtlich ist- doch immer neues Leid in
die Welt bringen? Und wenn du auch einmal heilen kannst, ist das immer
zum Besten der Menschen? Sieh mich an: wie oft packt mich Heimweh und Verzweiflung,
wie oft wünsche ich mir, ich wäre niemals mehr aufgewacht nach meinem
Sturz nur um in der Fremde zwischen- verzeih mir- doch elend beschränkten
Menschen zu leben.
Der Heiler sah ihn lange und nachdenklich an und antwortete :
"Ich spürte deinen Willen zu leben, da konnte ich dich nicht verlassen."
Schon bald verabschiedete sich der alte Mann, um im nächsten Dorf nach
den Kranken zu sehen, während Ikarus zu einem einsam gelegenen Hof
weiterzog, um den herum die herrlichsten Lavendelfelder blühten.


Er trat bei dem Bauern an, wünschte höflich eine guten Tag und liess
sich Käse, Brot und und einen frühen Apfel reichen.Der Bauer und er
wurden schnell handelseinig und der Bauer häufte so viel duftenden Lavendel
in den Karren, wie nur hineinpasste.
Während Ikarus immer noch ein wenig aufgebracht war von dem Gespräch
mit dem Alten, war der Bauer vergnügt und gut gelaunt.
"Du bist wohl ein fröhlicher Mensch? Was meinst du woher das kommt?"
fragte ihn Ikarus.
"Ach, immer fröhlich bin ich auch nicht", antwortete der Bauer.
Es gibt schon schwere Zeiten für uns,aber bis heute konnte ich meinen
Hof erhalten, dazu ist der Lavendelanbau eine mühsame aber doch schöne
Sache, soviel herrlicher Duft und die Farbe- von Weitem sieht alles
gleich aus, doch von Nahem hat jede Blüte ihren ganz eigenen Farbton,
von den verschiedenene Sorten ganz zu schweigen...
" Aber das ist es ja gerade!" fiel ihm Ikarus ins Wort."Jedes ist
verschieden, sagst du, aber ich sage, jedes ist auf seine Art
unvollkommen. Aber irgendwo muss es den vollkommenen Lavendel geben,
so wie ihn die Götter wer auch immer erdacht haben- eine ewige Idee
muss existieren von dem ganz und gar vollkommenen Lavendel. Diese Idee
selbst ist ewig und vollkommen und all´deine Blütenpracht ist nur ein
Bildnis davon..
Der Bauer kratzte sich am Kopf- das war ihm doch alles ein wenig zu
schnell gegangen. Aber schliesslich kehrte sein strahlendes Lächeln zurück.
" Du meinst, mein kleines Lavendelfeld ist mehr als nur ein Feld- es
ist das Abbild von etwas ganz und gar Vollkommenem , Ewigem?"
Ikarus nickte.
" Danke, Kräuterhändler, du hast mich froh gemacht, jetzt werde ich
noch mehr Freude an meinen Feldern haben, weil mich meine Blüten an
die Vollkommenheit und die Ewigkeit erinnern."
"Bist du denn nicht unglücklich , Bauer,nun, da du weisst ,
dass es etwas Vollkommenes geben könnte und du bis ans Ende deines
Erdenlebens von Unvollkommenheit umgeben bist- ich an deiner Stelle
wäre unglücklich und unzufrieden mit mit meinem Los. Aber du bist
wohl, das , was man ein schlichte Gemüt nennt, also nichts für ungut,
ich muss weiter.



--Er liess den verwirrten Bauern stehen und ging zur Strasse zurück,
um eine Gasthaus im nächsten Dorf zu finden.
Doch erhatte sich wohl zu lange bei dem Bauern aufgehalten und die
Dunkelheit kam bevor er eine Siedlung fand
"So ist es eben, wenn man in einem unkultivierten Land leben muss,"
dachte er missmutig. aber das half nun nichts, er musste eine
Übernachtungsmöglichkeit finden.
So kam er an ein kleines Wäldchen, gross genug, um ihn zu verbergen,
doch zu klein für Raubgetier, da machte er es sich auf einer Lichtung
unter einer alten Eiche bequem. Bald war er eingeschlafen und träumte.
Was er träumte - woher soll ich das wissen? ich bin nur eine
Geschichtenerzählerin. Es ist das Märchen von Ikarus,der wird wohl
wissen, was er träumt. und ausser ihm träumen noch viele ander-
darunter eine einsame alte Frau und ein ein Heiler, der im Sommer über die
Dörfer zieht.
Ach ja und ein Bauer, den sollten wir nicht vergessen. Ob er wohl
immer noch so verwirrt ist?
Vielleicht hat jemand Lust,zu erzählen was einer von den
Vieren träumt?
Sonst muss ich ja die ganze Geschichte alleine erzählen- das wäre
langweilig )

[ Editiert von Allerleirauh am 02.11.08 12:42 ]

[ Editiert von Allerleirauh am 02.11.08 14:48 ]


Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.

Hans Christian Andersen
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#3

RE: Interaktives Erzählen

in Märchenerzähler 02.11.2008 12:49
von Allerleirauh | 91 Beiträge | 143 Punkte

Danach kamen die Antworten, stark die Identifikation mit Ikarus, bei einer Situation blieb Ikarus bei seiner Position, wäre immer wieder bereit, "in die Sonne zu fliegen", bei einer zweiten sah die Person, dass neben der echten Sehnsucht auch viel Selbstverhaftung war, die eigentlich einem gelungenen Höhenflug im Weg stand.
Mein Abschluss der Geschichte War folgendermassen:
Eines aber werde ICH noch erzählen, die Geschichte der Dryade.
Welche Dryade, fragt ihr.
Erinnert euch, Ikarus war unter einer Eiche eingeschlafen und gerade die Dryade dieser Eiche kam neugierig heraus,
um zu schauen, wer sie da besuchte. Da es schon fast ganz dunkel war, wickelte sie sich eine der letzten Sonnenstrahlen um den Finger.
Der Bummelant protestierte ein wenig, aber da ihm die Dryade gut gefiel, blieb er doch ein Weilchen bei ihr.
"Kennst du den hier?" , fragte diese.
"O ja, recht gut", antwortete der Sonenstrahl und erzählte ihr die Geschichte des jungen Mannes.
"Da sieht man mal wieder, das euch Elementarkräften die kleien Geschöpfe ganz egal sind!"rief die mitfühlende Dryade aus, der der hübsche Bursche Leid tat.
"Da irrst du dich!" widersprach der Sonnenstrahl ." Gerade aus Mitgefühl haben die grossen Kräfte ihn auf diese Insel treiben lassen und in die Obhut unserer liebsten Freunde gegeben.Ist es nicht die alte Frau, deren sogenannter Aberglaube aus den rohen Gewalten lebende Wesen macht und ausserdem , du weisst ja, wo die Sonne am Abend hingeht.
Die Dryade nickte eifrig, natürlich wusste sie das.
Und weiss nicht jeder, dass die Sonne auf jeden scheint, auf Gute und Böse, Kluge und Dumme, Gross und Klein.Wo kann er ihr besser begegnen als bei jenen, deren Wesen ebenso ist? Geht nicht der Heiler in jedes Haus in jedem Dorf, hilft jedem ohne Ansehen der Person?
Auch dem musste die Dryade zustimmen.
" Und zuletzt der Bauer, der durch die Kraft der Sonne die herrlichen Felder blühen lässt und sie dadurch am meisten ehrt?"
Nun schaute die Dryade doch etwas skeptisch.
Der Sonnenstrahl, der ihren Blick bemerkte, fuhr mit grossem Eifer fort:"Was macht den unsere Sonne anders als soviele glühende Sterne am Himmel? Glaub mir, es gibt grössere und mächtigere unter ihnen als die Sonne dieser kleinen Welt.
Aber nur wenigen unter ihnen ist es beschieden, Leben zu spenden, auf Wesen zu scheinen, die sie mit Freude sehen.
Darum ist der Bauer einer der Grössten unter der Sonne, doch dieser hier hatte es nicht erkannt."
Und die Schönheit seiner Frau, ihre Liebe und Geduld. Selbstsüchtig und stolz hat er sie genommen wie er die Liebe und Fürsorge aller unser anderen Freunde in Anspruch nahm und sie doch nicht ehrte- was hat ein solcher mit der Sonne gemein, mit der Ewigkeit und der Vollkommenheit, über die er so gerne schwadroniert in seiner Verblendung?
Da wurde die Dryade sehr betrübt und fragte leise:
" Gibt es nicht doch eine Hoffnung für ihn?"
"Vielleicht", erwiderte derSonenstrahl," wenn hinter seinem Hochmut auch nur ein winziges bisschen echte Sehnsucht nach dem Licht ist, dann lässt es sich finden, doch ich fürchte, sein Weg wird lang."
Mit diesen Worten entwand er sich der Dryade und ging fort auf dem Weg, den die Sonne jeden Abend geht.Ihr kennt ihn doch wohl? Wenn nicht erzähl` ich es euch ein andermal.
Die Dryade aber kehrte zurück in ihren Baum und als die Sonne am nächsten Morgen zurückkehrte, war der Reisende bereits fort.
bei der 2. situation war die Atmosphäre so gut, dass ich noch ein "echtes Märchen" zum Abschluss bringen konnte.

Wohin die Sonne am Abend geht
Märchen der Roma
Durch das Abenddunkel geht langsam ein alter Mann, Schritt für Schritt. Sein Licht glimmt schwach. Da sieht er Rauch, der aus einer Hütte aufsteigt.Er geht darauf zu, öffnet mit letzter Kraft die Tür und sinkt auf der Schwelle zu Boden.Die steinalte Frau, die in der Stube sitzt, steht auf, geht zur Tür und hebt den Greis auf ihre Arme. Dann trägt sie ihn ans Feuer, ganz dicht ans Feuer setzt sich die Uralte und singt, wiegt den Greis in den Schlaf.Und wie der Alte schläft, wird er jünger und jünger.Sein Haar wird dicht und golden, die Runzeln werden glatt und sein Körper wieder gerade und stark. Er wird zum Mann, dann zum Jüngling, schliesslich gar zum kleinen Kind, schlummert still im Arm der Alten. Als die Nacht vorüber ist, da zupft die Alte dem Knaben 3 Goldhaare heraus und wirft sie zu Boden. Das macht pling, pling, pling. Davon erwacht das Kind, springt von ihrem Schoss, läuft zur Türe, öffnet sie - und steigt als strahlende Morgensonne zum Himmel empor.

Hat jemand Erfahrung mit solch einem Erzählen?
Und durfte ich das überhaupt hier posten, sonst lösche ich es natürlich.


Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.

Hans Christian Andersen
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#4

RE: Interaktives Erzählen

in Märchenerzähler 05.11.2008 17:57
von Gemini | 11.637 Beiträge | 12100 Punkte

Zitat
Gepostet von Allerleirauh
Hallo, hat jemand von euch schon mal interaktiv gearbeitet?
...
Wenn es dir recht ist, Gemini (sonst lösache ich es selbstverständlich wieder) bringe ich ein Beispiel.
In einer Gruppe kam das Gespräch auf den Mythos von Ikarus.
Spontan fiel mir eine Abwandlung ein, die ich brachte:



Ist mir sehr Recht, sehr.
Weil ich gerade mit LeLu unser Programm für die Berliner Märchentage vorbereite, kann ich gerade nicht so aktiv reinschauen, aber ich freue mich schon, dass später dann zu lesen


Liebe Grüße
Bettina

Rezitante und Musäusfan-ny
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#5

RE: Interaktives Erzählen

in Märchenerzähler 05.11.2008 21:25
von Allerleirauh | 91 Beiträge | 143 Punkte

Eine gute Zeit in Berlin, ihr beiden!!
bis bald!


Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst.

Hans Christian Andersen
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