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RE: Zar Berendej und seine drei Söhne

in russische und georgische Märchen 18.02.2007 19:25
von mande (gelöscht)
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Zar Berendej und seine drei Söhne

Es lebte einmal der Zar Berendej. Er hatte drei Söhne, der jüngste von ihnen trug den Name Iwan. Der Zar hatte einen wunderbaren Garten, in dem ein Apfelbaum mit goldenen Äpfeln wuchs. Nun begann jemand eines Tages die goldenen Äpfel zu stehlen und durch keine noch so strenge Bewachung des Gartens ließ sich der Dieb fangen. Aus Trauer hörte der Zar auf zu essen, zu trinken und zu schlafen. Er rief seine Söhne zu sich und sprach zu ihnen:
„Demjenigen unter euch, der es schafft, den Dieb zu fangen, werde ich die Hälfte meines Königreichs schenken!“
Als Erster machte sich der älteste Sohn auf. Doch obwohl er den ganzen Abend hindurch im Garten umherging, konnte er niemanden sehen. Er legte sich kurz hin und schlief sofort ein. Und am Morgen waren wieder Äpfel vom Baum verschwunden. Der Zar fragte seinen Sohn:
„Hast du denn den Dieb nicht gesehen?“
„Nein, Vater.“, antwortete dieser, „Die ganze Nach hindurch habe ich den Garten bewacht ohne ein Auge zuzumachen, doch ich habe niemanden gesehen.“
Da dämmerte es dem Zaren, dass der Dieb schwer zu fangen war und seine Trauer wuchs. Er schickte seinen zweitältesten Sohn zur Wache. Und auch dieser schlief die ganze Nacht durch und meldete am Morgen, er habe niemanden fangen können.
Da war der jüngste Sohn an der Reihe. Iwan machte sich auf, den Garten seines Vaters zu bewachen. Er legte sich jedoch nicht hin, er hatte Angst auch nur ein Auge zuzumachen. Wenn der Schlaf näher kam, wusch er sein Gesicht mit dem Tau vom Gras und der Schlaf entschwand. So verging die halbe Nacht. Plötzlich leuchtete etwas in der Ferne auf und wurde heller und heller, bis der ganze Garten wie am Tag erleuchtet war. Das war der Feuervogel, der auf den Baum flog und begann, die goldenen Äpfel zu fressen. Iwan schlich sich heran und packte den Feuervogel. Doch dieser konnte entfliehen und Iwan blieb nur eine seiner Federn in den Händen.
Sofort nachdem der Zar aufgewacht war, kam Iwan zu ihm und erzählte, welcher Dieb seine Äpfel stahl. Er zeigte ihm auch die Feder des Feuervogels. Seit diesem Tag tauchte der Feuervogel nicht mehr im Garten auf und der Zar begann wieder zu essen, zu trinken und zu schlafen.
Immer wieder betrachtete der Zar die Feder des Feuervogels und er begann davon zu träumen, den Vogel zu fangen.
So rief er seine Söhne wieder zu sich und sprach:
„Hört mir zu, meine Söhne. Sattelt eure Pferde und macht euch auf die Suche, um den Feuervogel zu fangen, sonst kommt er zurück und beginnt aufs Neue meine Äpfel zu fressen.“
Die Kinder verneigten sich vor dem Vater, sattelten ihre besten Pferde und machten sich auf den Weg, der älteste Sohn in eine Richtung, der zweitälteste in eine andere und Iwan in die dritte.
Nach einer Weile gelangte Iwan zu einer Stelle, wo der Weg sich in drei aufteilte. Dort stand eine steinerne Säule, auf der geschrieben war:
„Wer von dieser Säule aus vorwärts reitet, dem wird bald kalt und er wird Hunger haben. Wer nach rechts reitet, der wird am Leben und gesund sein, sein Pferd aber wird sterben. Wer aber nach links reitet, der wird selber den Tod erleiden, doch sein Pferd wird am Leben bleiben.“
Iwan dachte nach und nahm den Weg nach rechts.
Am dritten Tag gelangte er zu einem dichten Wald. Plötzlich sprang aus den Büschen ein großer grauer Wolf heraus, stürzte sich über das Pferd her, fraß es auf und verschwand wieder in den Büschen.
Iwan musste zu Fuß weitergehen. Er ging drei Tage lang, bis sein Hunger und seine Müdigkeit so groß waren, dass er sich hinsetzen musste, um sich auszuruhen. Und plötzlich lief der graue Wolf zu ihm herbei.
„Was bist du denn so traurig, wieso lässt du deinen Kopf denn hängen?“
„Wie kann ich denn nicht traurig sein? Wie soll ich denn weiterreisein ohne mein Pferd?“
Der Wolf antwortete:
„Den Weg hast du dir selber ausgesucht. Doch tust du mir Leid und ich werde dir helfen.“
Iwan erzählte dem grauen Wolf von dem Feuervogel.
Der Wolf antwortete ihm:
„Tja, ohne dein Pferd wirst du den Feuervogel in drei Jahren nicht erreicht haben. Ich allein weiß, wo der Vogel lebt. Da ich nun dein Pferd gefressen habe, werde ich dich hinbringen. Setze dich auf mich und halte dich fest.“
Und der graue Wolf begann zu laufen.
Seen flogen nur so vorbei, blaue Wälder huschten vorüber. Irgendwann erreichten sie eine hohe Festung.
Da sprach der graue Wolf:
„Hör zu, Iwan! Klettere über die Mauer! Hab keine Angst, die Stunde ist günstig, die Wachen schlafen alle. Hinter der Mauer ist ein Garten und im Garten sitzt der Feuervogel in einem goldenen Käfig. Nimm den Vogel, doch rühre den Käfig nicht an, sonst wird ein Unheil geschehen.“
Iwan kletterte über die Mauer, nahm den Vogel und steckte ihn unter sein Hemd. Doch dann fiel sein Auge auf den Käfig. Das Gold glänzte, es war für Iwan nicht möglich zu widerstehen. Sobald er aber den Käfig berührte, füllte sich der ganze Garten mit einem lauten Glockenton.
Die Wachen eilten herbei, packten Iwan und führten ihn zum Zaren Afron. Dieser fragte ihn:
„Wer bist du, wo kommst du her?“
„Ich bind der Sohn von Zar Berendej, Zarewitsch Iwan.“
„Was für eine Schande! Ein Zarensohn, der stiehlt!“
„Und wieso plünderte Euer Vogel unseren Garten?“
„Wenn du einfach zu mir gekommen wärst und mich darum gebeten hättest, hätte ich dir den Feuervogel aus Respekt vor deinem Vater geschenkt! Nun werde ich aber in allen Städten erzählen, dass in Eurer Familie ein Dieb ist! Doch wenn du mir einen Gefallen tust, werde ich dir verzeihen. Der Zar Kusman besitzt ein Pferd mit goldener Mähne. Bring mir dieses Pferd, dann werde ich dir den Feuervogel schenken.“
Da wurde Iwan traurig. Als er zum grauen Wolf zurückkehrte, sprach zu ihm dieser:
„Ich sagte dir doch, den goldenen Käfig nicht anzurühren. Wieso hast du nicht auf mich gehört?“
„Verzeih mir, grauer Wolf“, sprach Iwan.
„Also gut. Setz dich auf mich.“
Und sie ritten zu der Festung, wo das Pferd mit der goldenen Mähne stand.
„Iwan, steig über die Mauer, die Wachen schlafen alle. Gehe zum Stall und nimm das Pferd, doch fasse sein reiches Geschirr nicht an.“
Iwan fing das Pferd, doch er konnte nicht vor dem mit Edelsteinen verzierten Geschirr widerstehen. Als er das Geschirr anfasste, füllte ein lauter Glockenton den Stall, die Wachen kamen herbei, fingen Iwan und brachten ihn zum Zaren Kusman. Dieser fragte ihn :
„Wer bist du, wo kommst du her?“
„Ich bin der Sohn von Zar Berendej, Zarensohn Iwan.“
„Schäme dich, einen solche Diebstahl begehen zu wollen. Diese Tat ist nicht einmal des einfachsten Bauers würdig. Doch ich werde dir verzeihen, wenn du mir einen Gefallen tust. Der Zar Dolmat hat eine wunderschöne Tochter namens Helena. Bringe sie mir, dann werde ich dir das Pferd samt Geschirr schenken.“
Da wurde Iwan wieder traurig. Als er zum grauen Wolf zurückkehrte, sprach zu ihm dieser:
„Ich sagte dir doch, das Geschirr nicht anzurühren. Wieso hast du nicht auf mich gehört?“
„Verzeih mir, grauer Wolf“, sprach Iwan.
„Also gut. Steig auf mich herauf.“
Und sie ritten zur Festung von Zar Dolmat.
Im Garten der Festung sahen sie die Zarentochter Helena mit ihren Dienerinnen und Hofdamen spazieren gehen. Da sagte der graue Wolf:
„Also nein, diesmal werde ich dich nicht gehen lassen. Ich werde selber alles machen. Und du geh zurück, ich werde dich einholen.“
Sobald Helena sich von ihrer Gesellschaft getrennt hatte, fasste sie der graue Wolf und lief mit ihr weg. Als er Iwan erreichte, sprach er:
„Setz dich auf mich, so sind wir schneller.“
Und so ritten sie zum Reich von Zar Kusman. Da merkte der graue Wolf, dass Iwan wieder traurig war und fragte ihn:
„Iwan, wieso schweigst du? Wieso lässt du deinen Kopf hängen?“
Iwan antwortete:
„Wie kann ich denn nicht traurig sein? Wie soll ich mich von einer solchen Schönheit trennen? Wie kann ich sie gegen ein Pferd eintauschen?“
„Also gut.“, sagte der Wolf, „Ich helfe dir. Ich werde mich für dich in Helena verwandeln.“
Sie ließen Helena unter einer Eiche. Der Wolf aber stürzte sich auf die Erde und verwandelte sich plötzlich in Helena.
Also brachte ihn Iwan zum Zaren Kusman. Der Zar freute sich und sprach:
„Danke dir, Iwan, für die schöne Prinzessin! Nimm dir dein Pferd mit goldener Mähne samt dem Geschirr.“
Iwan nahm das Pferd, ritt zurück zu Helena, nahm sie mit und reiste weiter.
Währenddessen richtete Zar Kusman seine Hochzeit aus und feierte bis zum Abend. Dann brachte er Helena in sein Schlafgemach, doch sobald er sich mit ihr auf das Bett gelegt hatte, sah er eine Wolfsschnauze statt dem Geicht seiner jungen Braut. Der Zar fiel vor Angst aus dem Bett heraus, der Wolf aber lief weg. Er holte Iwan ein und fragte ihn:
„Wieso bist du nun wieder traurig?“
„Wie sollte ich denn nicht traurig sein? Es tut mir leid, das Pferd gegen den Feuervogel eintauschen zu müssen.“
„Also gut, auch diesmal werde ich dir helfen.“
Der grau Wolf stürzte sich auf die Erde und wurde zum Pferd mit der goldenen Mähne. Iwan brachte ihn zum Zar Afron und tauschte ihn gegen den Feuervogel ein. Dann kehrte er zu Fuß zu Helena zurück, setzte sie auf das Pferd, nahm den Käfig mit dem Feuervogel in seine Hände und ritt zurück nach Hause.
Währenddessen befahl Zar Afron, ihm sein geliebtes Pferd zu bringen, doch als er sich darauf setzen wollte, verwandelte es sich in den grauen Wolf. Da fiel der Zar vor Angst auf den Boden, der Wolf flüchtete und holte Iwan schnell wieder ein. Er sprach:
„Nun, Iwan, an diesem Ort habe ich dein Pferd gefressen, hier endet mein Dienst, jetzt musst du allein weiterreisen.“
Iwan verneigte sich dreimal vor dem grauen Wolf, der aber sprach zu ihm:
„Verabschiede dich nicht für immer von mir, Zarensohn, ich werde dir noch nützlich sein.“
Iwan setzte sich auf das goldene Pferde, setzte Helena neben sich, nahm den Käfig mit dem Feuervogel in die Hände und ritt zu seinem Vater.
Als sie das Reich von Berendej erreichten, legten sie sich für eine Weile hin, um auszuruhen. Sobald Iwan eingeschlafen war, ritten seine Brüder zu ihm heran. Sie waren in anderen Ländern auf der Suche auch dem Feuervogel umhergereist, doch mussten sie mit leeren Händen zurückkehren und nun sahen sie, was Iwan mitgebracht hatte. Also sprachen sie untereinander ab, Iwan zu töten. Sie nahmen ihre Schwerter heraus und schlugen ihm den Kopf ab. Dann setzten sie sich auf das Pferd mit der goldenen Mähne, nahmen den Käfig mit dem Feuervogel, setzten Helena neben sich auf das Pferd und schüchterten sie ein, nichts von alledem ihrem Vater zu erzählen.
Da lag also Iwan tot auf dem freien Felde und über ihm kreisten Krähen.


Plötzlich kam der graue Wolf hergelaufen und schnappte sich eine Krähe und einen Krähenküken.
„Krähe, fliege weg und hole mir das tote und das lebendige Wasser, sonst bringe ich dein Küken um.“
Ob bald, ob lang, kehrte die Krähe mit dem toten und dem lebendigen Wasser zurück.
Der graue Wolf goss das tote Wasser über Iwan und seine Wunden verheilten. Er goss das lebendige Wasser über ihn und Iwan lebte wieder.
„Habe ich fest geschlafen!“ „Tja, wenn ich nicht wäre, würdest du nie wieder aufwachen! Deine eigenen Brüder haben dich getötet und alle deine Reichtümer mitgenommen.“
Iwan setzte sich auf den grauen Wolf und sie ritten zum Reich von Iwans Vater.
Als der Wolf Iwan zu seines Vaters Festung brachte, sprach er:
„Nun verabschiede dich von mir für immer. Gehe, eile nach Hause.“
Als Iwan bei dem Schloss ankam, sah er eine feierlich gekleidete Menschenmenge und fragte, welches Fest angebrochen war.
„Der älteste Sohn heiratet Prinzessin Helena!“
Da lief Iwan noch schneller. Als er im Schloss seinen ältesten Bruder traf, wurde dieser blass vor Angst. Helena freute sich indessen, lief zu Iwan, nahm seine Hand und sprach zum Zaren:
„Das ist derjenige, der mich hergebracht hat!“
Und sie erzählte ihm, wie sich alles zugetragen hatte. Der Zar wurde über seine älteren Söhne zornig und verbannte sie, Iwan machte er aber zu seinem Thronfolger.
Bald wurde eine Hochzeit gefeiert, wie man sie noch nie gesehen hatte. Und so lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage.

Пока,
Манде

[ Editiert von mande am 18.02.07 19:27 ]

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