Kalevipoeg
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Der Kalevipoeg (estnisch Kalevs Sohn) ist das Nationalepos Estlands.
Er besteht aus rund 20.000 Versen in 20 Gesängen. Er basiert auf Motiven aus estnischen Sagen und Volksliedern und wurde ab 1853 von Friedrich Reinhold Kreutzwald zusammengestellt. Die Hauptmotive entnahm der estnische Schriftsteller verschiedenen Sagen um den riesenhaften Helden Kalevipoeg. In estnischen Legenden (vor allem aus Ostestland) wirft Kalevipoeg gigantische Steine nach seinen Gegnern. Er formt Landschaften, verändert Flussläufe und gründet Städte. Der Charakter des Riesen ist dabei durchaus ambivalent. Mal hilft er Menschen in der Not, mal ist der unberechenbare, gewalttätige Zerstörer. In dieser Hinsicht gleichen die Sagen um ihn anderen Riesenerzählungen aus dem Baltikum oder Skandinavien. Besonders mit dem finnischen Nationalepos Kalevala gibt es viele Überschneidungen.
In Volksliedern sind Geschichten um die Gestalt Kalevipoegs kaum überliefert. In der Literatur wird er zuerst im 17. Jahrhundert von Heinrich Stahl aufgegriffen. Erste Entwürfe für ein Nationalepos verfasste Friedrich Robert Fählmann 1839, nachdem er verschiedene Einzelerzählungen, die er u. a. an der Gelehrten Estnischen Gesellschaft gehört hatte, zu einem Gesamtwerk zusammenstellte.
Nach Fählmanns Tod im Jahr 1850 begann Kreutzwald mit dem Verfassen der Verse. Dabei stützte er sich teils auf Originalquellen, teils dichtete er selber. So kommt es, dass in der heutigen Fassung des Kalevipoegs nur rund ein Achtel "originale" Verse sind, während der Rest eine Imitation deren Stils darstellt. Das Versmaß orientiert sich an der altestnischen Stabreimdichtung.
Die erste Version des Kalevipoegs mit 13.817 Versen konnte aufgrund zaristischer Zensurbestimmungen 1853 nicht gedruckt werden. Die zweite, gründlich überarbeitete Ausgabe mit 19.087 Versen erschien in mehreren Teilen als akademische Veröffentlichung der Gelehrten Estnischen Gesellschaft zwischen 1857 und 1861. Sie enthielt auch eine deutsche Übersetzung. 1862 erschien schließlich eine minimal gekürzte Ausgabe mit 19.023 Versen für die breite Öffentlichkeit.
Der Kalevipoeg war für die Rückbesinnung auf die eigene kulturelle Identität und die Entwicklung eines Nationalbewusstseins in Estland von großer Bedeutung