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100. Todestag: Wilhelm Busch bleibt ein Rätsel
Artikel von Welt-online
Hannover (dpa) - Genialer Zeichner, heimlicher Landschaftsmaler, Dichter für alle Lebenslagen: Wilhelm Busch (1832-1908), der Querkopf aus der niedersächsischen Provinz, war eine Jahrhundert-Begabung.
Die Streiche seiner berühmten Lausbuben «Max und Moritz» amüsieren seit Jahrzehnten Leser in aller Welt, Zitate wie «Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör» aus der «Frommen Helene» wurden zu geflügelten Worten. Pünktlich zum 100. Todestag des Satirikers mit dem bitterbösen Humor am 9. Januar beschäftigen sich neue Biografien und zahlreiche Ausstellungen mit dem Phänomen Wilhelm Busch.
In der Jubiläums-Schau im Wilhelm-Busch-Museum Hannover, die am 13. Januar eröffnet wird, steht die Persönlichkeit des Künstlers im Mittelpunkt. Wer war eigentlich Busch und wo liegen die Quellen seiner sprudelnden Fantasie? Diese Fragen beschäftigten bereits Generationen. Immer wieder wurden dem Zeichner gefühlloser Sadismus, Antisemitismus oder Frauenhass unterstellt - und dabei wurde außer Acht gelassen, dass er seine Umwelt durch Übertreibungen karikiert. «Busch ist Menschenkritiker und Gesellschaftskritiker», betont Museumsdirektor Hans Joachim Neyer.
Mit kaltem, sezierendem Blick nimmt der Krämersohn aus Wiedensahl bei Hannover die Spießbürger seiner dörflichen Umgebung aufs Korn: Ungezogene Kinder, prügelnde Eheleute, versoffene Pfarrer, scheinheilige Betschwestern und immer wieder Tierquäler. In seinen Bildergeschichten hält er brutale Todesarten fest: «Max und Moritz» werden - «rickeracke» - in der Mühle zermahlen, die «Fromme Helene» kommt im Suff einer Kerze zu nah: «Hier sieht man ihre Trümmer rauchen, der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen», reimt Busch dazu. Andere Figuren werden in die Luft gesprengt, plattgewalzt, geköpft oder an der Nase aufgehängt.
Es sind dieselben Effekte, die einem heute noch beim Zappen durch die Fernsehprogramme begegnen: etwa in Zeichentrickfilmen à la «Tom und Jerry» oder der provozierenden MTV-Show «Jackass». Dabei zuschauen, wie andere körperliche Schmerzen erleiden, ruft eine gewisse Angstlust hervor. Buschs Komik, die auf Schadenfreude setzt, hat Comic-Autoren in New York und sogar Filmemacher in Hollywood beeinflusst. Sie kopierten Anfang des 20. Jahrhunderts typische Elemente - etwa verknotete Arme und Beine.
Bereits zu seinem 175. Geburtstag im vergangenen April wurde der Bienenzüchter, Kettenraucher und Quartals-Trinker als «Ur-Vater des modernen Comics» gefeiert. Die Ausstellung «Avantgardist aus Wiedensahl» in Hannover rückte im ersten Jubiläumsjahr den kaum bekannten Maler Wilhelm Busch in den Blickpunkt. Im zweiten Jubiläumsjahr geht es um den Menschen Wilhelm Busch, der schon seinen Zeitgenossen Rätsel aufgab und keinen Biografen an sich heran ließ. 1872 zog sich der Eigenbrötler endgültig ins Pfarrhaus zu Schwester Fanny und Schwager Hermann Nöldeke nach Wiedensahl zurück. Vor seinem Tod verbrannte er alle an ihn gerichteten privaten Briefe und möglicherweise auch seine Tagebücher.
Deshalb wird die Geschichte der vermutlich unerfüllten Liebe zu Johanna Kessler wohl nie erzählt werden. Die Bankiersgattin richtete ihm 1868 in Frankfurt in ihrem Haus Wohnung und Atelier ein. 1877 kam es zum Zerwürfnis mit der Freundin, Busch floh endgültig in die Heimat. Die Literaturwissenschaftlerin Gudrun Schury zitiert in ihrer lesenswerten Biografie einen Brief, den der ewige Junggeselle am 12. Februar 1875 an Johanna Kessler schrieb: «Ich wollt ich wär ein Eskimo, säße hinten am Nordpol, tief unter der Schneekruste, tränke Leberthran und könnte mich wärmen, an Was ich Möchte. Bei Ihnen brennt's Feuer im Kamin. Da säß ich auch recht gern.» Für den grantigen Sonderling Wilhelm Busch könnte dies schon ein Liebesgeständnis gewesen sein.
www.wilhelm-busch-museum.de
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